Wenn Väter die Geburt miterleben

Männer sollen im Kreissaal dabei sein. Doch meist sind sie nicht richtig vorbereitet.

Düsseldorf. Vor der Geburt steht eigentlich alles in den Sternen. Wann man unter Missachtung aller Verkehrsregeln in den nächsten Kreissaal rast. Ob der Nachwuchs nun gerade noch unter dem Sternzeichen des Löwen geboren oder doch eine Jungfrau wird. Ob Frau sich auf den Gebärstuhl zwängt, oder doch lieber in der Badewanne entbindet. Von Anfang an fest steht eigentlich nur eines: Der Vater muss dabei sein. Ohne gemeinsames Hecheln und den ersten prägenden Blick ist nach Ansicht vieler Mediziner, Psychologen und Hebammen der Vater-Kind-Beziehung ein schlechter Start beschieden. Der moderne und einfühlsame "Mann von heute"sei dabei, wenn er Vater wird. "Seine Aufgabe liegt irgendwo zwischen Zuschauer, Begleiter, Trainer, Coach, Vermittler und Anwalt", so beschreiben es Eberhard Schäfer, der Leiter des Väterzentrums Berlin und Gründer des Papa-Instituts, und sein Kollege Robert Richter in ihrem Papa-Handbuch.

Davon, dass von Hilflosigkeit und Ohnmacht geplagte Väter ihre Sache gelegentlich zu genau nehmen, können Hebammen und oft auch die werdenden Mütter selbst ein Lied singen. Männer, die mit Kartoffelsalat und Würstchen im Kreissaal einziehen und ihre Frau ständig fragen, welchen Massagegriff sie sich denn jetzt wünsche und ob sie noch erinnern könne, wie der noch gleich gehe, machen es den Gebärenden nicht unbedingt leichter. Nicht weniger anstrengend sind die Besserwisser, die genau wissen, was zu tun ist und rasch die Regie über den Geburtsverlauf übernehmen. Die Frau kommt nicht mehr zu Wort. Er entscheidet, wann sie wie lange ausatmet, zur Entspannung mal in die Badewanne steigt oder Schmerzmittel braucht. Beschleicht den werdenden Vater ein ungutes Gefühl, macht er mit seinen Empfehlungen auch vor den Ärzten nicht halt. Motto: Da müsste man doch jetzt einen Kaiserschnitt machen!

Schwierig wird es nach Ansicht der Experten vor allem dann, wenn Väter zum Dabeisein gedrängt werden, sich ihrer Partnerin gegenüber verpflichtet fühlen oder unwissend und blauäugig in die Situation hineingeraten. Wichtig ist es, sich "vätergerecht" zu informieren. Was passiert, wenn ich umkippe? Wenn sie leidet, stöhnt und schreit? Was kann ich wirklich tun und was sollte ich lassen?

Absprachen Während es die eine Frau entspannt, den Vater bei der Geburt dabeizuhaben, stresst es die andere. Da helfen nur klare Worte und Absprachen, ohne dogmatische Verhaltensregeln im Kopf. Auch die Mutter, die Schwiegermutter oder die Freundin sind im Kreissaal anstelle des Vaters willkommen. Ein nahes und offenes Verhältnis zwischen den Partnern kann sich auch so ausdrücken, dass vorher schon abgesprochen wird, die Sache nicht um jeden Preis gemeinsam durchstehen zu müssen. Manchmal ist es für beide Beteiligten besser, wenn der werdende Vater in Rufbereitschaft auf dem Flur wartet.

Vorbereitung Männer sollten auf jeden Fall vorbereitet sein und wissen, wie die Geburt abläuft und was in welchem Fall hilfreich sein kann. Dabei sollten auch mögliche Komplikationen besprochen werden, um die Angst der werdenden Mutter in solchen Momenten nicht noch größer werden zu lassen. Auf jeden Fall sollten keine Frau, kein Mann und kein Paar etwas machen, weil "man es eben heute so macht". Von sozialem Druck sollte man sich frei machen, um den für beide Partner richtigen Weg zu finden. Denn ein gestresster Vater ist dem Geburtsablauf ebenso wenig zuträglich wie eine werdende Mutter in den Wehen, die auch noch ihren Partner "bemuttern" muss oder sich lieber unbeobachtet fühlen würde.

Tipps für den Mann: Einfach nur da sein. An ihrer Seite und nicht mit dem Fotoapparat zwischen den Beinen. Ab und zu rausgehen und schauen, ob es dann anders oder vielleicht sogar besser läuft. Mit Ratschlägen möglichst sparsam umgehen, das Medizinische den Experten überlassen. Nicht über die eigenen Grenzen gehen, weil das niemandem wirklich hilft. Vorher absprechen, dass man jederzeit die weiße Fahne schwenken und in den Flur verschwinden kann.

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