Studie: Eltern bestimmen Kultur-Interesse bei Kindern

Berlin (dpa) - Literatur, Theater, Musik, Tanz - der Zugang junger Menschen zu kultureller Bildung hängt nach einer neuen Studie immer noch in hohem Maße von den Eltern ab. In Deutschland nennen 74 Prozent der Akademiker-Kinder ihre Väter und Mütter als entscheidende „Impulsgeber“ für Kultur-Interesse.

Dagegen sagen dies nur 33 Prozent aus Elternhäusern mit höchstens mittlerem Schulabschluss. Dies ergibt sich aus einer Repräsentativ-Befragung unter 532 Schülern aus 9. und 10. Klassen, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Rates für Kulturelle Bildung durchführte.

Demnach gehen Schüler aus sogenannten bildungsfernen Elternhäusern dreieinhalb Mal so oft auf Sekundarschulen jenseits von Gymnasium oder Gesamtschule. Dort wiederum ist das kulturelle Angebot viel dünner als an Gymnasien: Um bis zu 40 Prozentpunkte höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche im Gymnasialunterricht mit Literatur, klassischer Musik oder Theater in Berührung kommen.

Gut ein Drittel (36 Prozent) aller grundsätzlich kulturinteressierten Schüler nennt Lehrer als „Impulsgeber“. Allerdings hat die Hälfte der Schüler von 9. und 10. Klassen in Deutschland der Allensbach-Umfrage zufolge gar keinen regelmäßigen Kunstunterricht, ähnliches gelte für den Musikunterricht. Auch hier ist ein Gefälle festzustellen: An Sekundarschulen jenseits von Gymnasium oder Gesamtschule haben 54 Prozent keinen regelmäßigen Kunstunterricht - an Gymnasien 43 Prozent. Für Musik lautet das Verhältnis 55 zu 41 Prozent.

Differenzen ergeben sich nicht nur zwischen Schulformen, sondern auch zwischen den Geschlechtern: 69 Prozent der Mädchen halten Grundwissen über Kultur für wichtig, hingegen nur 48 Prozent der Jungen.

Der Vorsitzende des Rates für Kulturelle Bildung, Eckart Liebau, sagte zu der Studie: „Wir haben es mit großen Unterschieden zwischen den Schulformen zu tun, mit kulturellen Bildungsverläufen, die kaum durchbrochen werden können, mit Schulen, die ein Drittel der Kinder gar nicht für Kultur gewinnen. Und wir finden in einem Ausmaß tradierte Rollenbilder, wie wir es nicht mehr erwartet hatten.“ Dass Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern „den künstlerischen Vorsprung ihrer Altersgenossen in der Schule aufholen könnten, lassen die Daten nicht erkennen“.

Liebau verlangt deshalb eine veränderte Schwerpunktsetzung: „Es darf nicht dabei bleiben, dass im Schulwesen ausgerechnet den benachteiligten Kindern und Jugendlichen das quantitativ schwächste Angebot kultureller Bildung gemacht wird. Hier ist ein Ausbau vor allem in den Sekundarschulen dringend erforderlich.“ Der Rat für Kulturelle Bildung ist ein unabhängiges Beratungsgremium, das die Situation und die Qualität kultureller Bildung in Deutschland analysiert und Empfehlungen dazu ausspricht.

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