Spielplatz rauf und runter: Unterwegs mit dem Leihgroßeltern
Frankfurt/Main (dpa) - „Ooooopa!“ ruft Tom quer über den Spielplatz. „Komme!“, antwortet Wolfgang Schwermer und läuft los, um seinem Enkel beim Sandschippen zu helfen. Der Dreieinhalbjährige ist nicht der leibliche Enkel des Rentners - der 66-Jährige ist Toms Leihopa.
Seit zwei Jahren betreuen Schwermer und seine Frau mindestens einmal die Woche den kleinen Jungen nach dem Kindergarten. Toms leibliche Großeltern wohnen mehrere hundert Kilometer entfernt, die Schwermers haben keine eigenen Kinder und Enkel.
Eine Vermittlungsstelle in Frankfurt, die Patengroßeltern vermittelt, hat die beiden zusammengebracht. Tom und er könnten viel voneinander lernen, glaubt Schwermer: „Ich versuche, ihm Ruhe zu vermitteln: dass er nicht so hektisch ist, der ist ja immer unter Volldampf. Und ich lerne von ihm die Unbeschwertheit, die Lockerheit.“
Gerade Männer sind als Leih-Großeltern schwer zu finden. Ein Wissenschaftlerteam aus Frankfurt und Darmstadt, das dieses vorwiegend in Großstädten verbreitete Phänomen gerade erforscht, fand 28 Vermittlungsstellen, aber nur rund 44 ältere Männer, die sich ehrenamtlich um fremde Kinder kümmern. Mit 16 von ihnen führten sie ausführliche Gespräche, fragten zum Beispiel nach ihrer Motivation. Auch wenn die Interviews noch nicht ausgewertet sind, zeichnen sich doch erste Gemeinsamkeiten ab, wie Soziologe Luigi Wenzl berichtet.
Manche wollten etwas nachholen, das sie bei den eigenen Kindern verpasst haben. Andere hätten das Bedürfnis, Werte und Wissen weiterzugeben. Einige hofften auch, durch den Kontakt mit Kindern jung zu bleiben - soweit die Hypothesen. Schwermer will Tom „das Feeling des Alters vermitteln“ und damit dessen berufstätige Eltern entlasten, die bei einer Fluggesellschaft und einer Bank arbeiten.
Dass es mehr Leihomas als Leihopas gibt, hat unter anderem mit den Geschlechterrollen zu tun, glaubt Wenzl: Wenn sich Männer im Ruhestand engagieren, suchen sie sich meist Aufgaben, die mit gesellschaftlicher Anerkennung verbunden sind, zum Beispiel ein politisches Ehrenamt oder bei Expertendiensten. Das Kümmern um Kinder spiele sich überwiegend im Privaten ab und bleibe „unsichtbar“.