Spaßig oder spießig? Tanzkurse für Jugendliche

Mainz (dpa/tmn) - Viele Jugendliche halten Tanzkurse für altmodisch. Doch ist die erste Skepsis überwunden, entdecken die meisten den Spaß an der Musik und neuen Leuten. Und wer nicht Standard tanzen will, kann auf moderne Varianten wie Videoclip-Dancing ausweichen.

Die Diskokugel blitzt, Lichtkegel wandern hin und her. Unentwegt hallen Kommandos durch den Raum. „Ein, zwei, tipp“, ruft Tanzlehrerin Tina Willius-Senzer. Dann quietschen Turnschuhe auf dem Parkettboden, es wird gekichert. Ein Grundkurs übt in der Tanzschule Willius-Senzer in Mainz die Française ein - ein Tanz, der klassischerweise beim Mittelball aufgeführt wird. Klassisch, das ist genau der Begriff den viele mit Tanzschule in Verbindung bringen. Ist es für die einen Hobby oder gar Leidenschaft, bezeichnen es andere als spießig, langweilig, uncool. Welche Meinung man auch immer hat, in jedem Fall ist Tanzschule längst nicht mehr nur Walzer, Quadrille und Cha Cha Cha.

Die 14-Jährige Alica aus Mainz hat sich für einen Kurs entschieden. Aber warum? Man zahlt Geld und blamiert sich am Ende vielleicht noch. „Klar, das kann schon peinlich sein, wenn man sich auf die Füße tritt“, sagt sie. Spaß mache es aber trotzdem. „Und Tanzen ist wichtig für den Abiball und die Hochzeit“, sagt sie. Für Peter, 15, ist etwas anders wichtig: „Man lernt neue Leute kennen.“ Und die 16-jährige Julie freut sich schon auf Feiern, an denen sie gekonnt das Tanzbein schwingt, während andere ungelenk herumstehen. „Man kann dann was, was andere nicht können“, sagt sie. Alle drei sind schon monatelang dabei, aber auch ihnen gefällt nicht alles. „Der Wiener Walzer geht gar nicht“, findet zum Beispiel Alica.

Wer weniger an Standardtänzen interessiert ist, für den werden an vielen Schulen auch Kurse für Videoclip-Dancing, Bauchtanz oder Zumba, eine neue Mischung aus Fitness und Tanz, angeboten. „Außerdem gibt es mittlerweile alles mögliche drumherum“, erklärt Tanzlehrerin Willius-Senzer. An der Mainzer Schule stehen sogar Halloweenpartys, Kanutouren oder Fahrten in Freizeitparks auf dem Programm.

Ein derart buntes Angebot kennt auch Uwe Körber, Inhaber der Tanzschule Kaechele-Körber im rheinischen Langenfeld. „Dadurch kommen Leute, die früher nie hier gelandet wären“, sagt er. Trotzdem ändert das seiner Meinung nach nichts daran, dass Tanzschulen auch ein etwas biederes Image pflegen. „Das ist schon eine eher heile Welt“, sagt er. „Probleme mit Alkohol und Drogen gibt es hier in der Regel nicht.“ Bei ihm sind die Schüler in den Anfängerkursen, die etwa drei Monate dauern, zwischen 14 und 16 Jahre alt. „Sie wollen schön ausgehen, es wird ja auch ihre Musik gespielt“, sagt Körber.

Doch einige lassen sich von solchen Argumenten nicht anlocken. Und so berichten etwa im Internet Jugendliche, dass sie klassisches Tanzen spießig finden oder es ihnen peinlich ist - zum Beispiel auf der Seite des Netzwerks wer-weiss-was.de. Ein User, der sich Aristos nennt, schreibt: „Ich würde daran keinen Spaß haben.“ Er hat Angst, keine Abschlussballpartnerin zu finden. „Ich würde mich nicht trauen, die auszuwählen, die mir wirklich gefällt, würde mich solange davor drücken, bis ich am Ende die habe, die keiner will.“

Auch Tina Willius-Senzer hat schon alle möglichen Vorbehalte vor einem Kurs kennen gelernt. „Von den Jungs sind am Anfang einige verhalten“, weiß sie. „Aber wenn sie sehen, dass es gar nicht spießig ist, haben sie echt Spaß.“ Viele wüssten zu Beginn eines Kurses noch nicht, ob sie nach einem Anfängerkurs dabei bleiben. „Aber dann machen am Ende doch 60 bis 70 Prozent weiter.“ In Mainz dauert ein Classic-Kurs übrigens zwischen sechs und sieben Monaten, umfasst 22 bis 28 Unterrichtsstunden und kostet monatlich 48 Euro.

Und diejenigen, die nachdenken, ob sich eine solche Ausgabe lohnt, finden im Internet eine Zusatzmotivation von einem Autor namens Spotvolta: „Ich sehe es doch andauernd: Wer männlich ist und gut tanzen kann, der hat bei Frauen die besseren Karten.“

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