Letzte Reise Sarg im XXL-Format für schwergewichtige Tote

Berlin (dpa) - Manchmal kommt der Tod ziemlich massiv daher. Wenn Treppe oder Fahrstuhl zu schmal sind, muss die Leiche mit Schwerlasttrage und Kran aus der Wohnung gehievt werden.

Letzte Reise: Sarg im XXL-Format für schwergewichtige Tote
Foto: dpa

„Das gibt es immer wieder. Wir achten sehr darauf, dass trotzdem alles würdevoll abläuft“, sagt Bianka Olm von der Berliner Feuerwehr. Sie erinnert sich an einen Fall, da wurde ein Fenster aufgestemmt, damit der dicke Tote seine letzte Reise antreten konnte. Einmal sei auch der Leichensack zu klein gewesen. „Wir haben den Mann in eine Lkw-Plane gewickelt.“ Solche Fälle seien aber nur ein „sehr, sehr kleiner Teil“ der rund 450 000 Einsätze der Hauptstadt-Feuerwehr im Jahr.

Extrem übergewichtige Tote seien zwar weiter die Ausnahme, heißt es
auch beim Bundesverband Deutscher Bestatter. „Doch das nimmt zu“,
sagt Sprecher Oliver Wirthmann. Auch beim Sterben spiegele sich die
Entwicklung der Gesellschaft wieder. Von 911 000 Toten im Jahr 2016
hätten einige Tausend Adipositas (starkes oder krankhaftes
Übergewicht) gehabt. 80 Prozent der Verstorbenen passten aber in
normierte Särge.

Über die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland ist übergewichtig,
fast ein Viertel ist krankhaft übergewichtig, heißt es auf der
Internetseite des Leipziger IFB (Integriertes Forschungs- und
Behandlungszentrum Adipositas-Erkrankungen). „Die Gruppe der adipösen
und stark adipösen Menschen wächst“. Laut Deutscher Adipositas
Gesellschaft beginnt krankhaftes Übergewicht bei einem Body-Maß-Index
(Quotient aus Gewicht und Körpergröße zum Quadrat) von 30.

Auch in Brandenburg werden immer mehr Übergewichtige bestattet. Und
das kann ins Geld gehen. In Potsdam sagt der Bereichsleiter für
Friedhöfe, Gunther Butzmann, die Gebühren für eine Erdbestattung
würden auch nach der Anzahl der Träger berechnet. Und für einen
schweren Sarg werden eben nicht vier, sondern sechs gebraucht. Da
könnten schon mal Mehrkosten von ein paar Hundert Euro hinzukommen.

Ähnlich ist die Situation in Bayern. Die Erdlöcher für zentnerschwere
Tote müssten deutlich größer sein und eine extra Schalung bekommen,
damit sie nicht einstürzen, erläutert Gerhard Wellenhöfer von der
Friedhofsverwaltung Nürnberg. Der Stadtrat in Fürth hat beschlossen,
dass ab 140 Kilogramm von Sarg und Leiche eine Zusatzgebühr von 120
Euro fällig wird.

Über die höheren Gebühren gebe es oft Diskussionen, sagt Bestatter
Jörg Freudensprung vom Bestatterverband Bayern. Letzten Endes würden
das die Angehörigen aber einsehen - „wenn auch widerwillig“. Häufig
höre er: „Er hatte doch schon so viel abgenommen. Er wiegt doch nur
noch 200 Kilo.“ Wie bei den Gesundheitskosten gebe es in der
Gesellschaft einen „grundsätzlichen Dissens“, wer für die höheren
Kosten aufkommen soll.

Oftmals sei es Angehörigen auch peinlich, wenn ein extrem
übergewichtiger Verwandter zu Grabe getragen wird, berichtet
Wirthmann. „Der qualifizierte Bestatter sorgt aber dafür, dass mit
dem Verstorbenen pietätvoll umgegangen wird.“

Denn es gibt noch andere Herausforderungen. Mittlerweile müssen für
die Feuerbestattung laut Bundesverband Krematorien nachgerüstet oder
modernisiert werden, weil die Öfen für überbreite Särge zu klein
sind. Und die Verbrennung dauere auch länger.

In der Urne spiele das Schwergewicht des Verstorbenen aber keine
Rolle mehr, meint der langjährige Berliner Bestatter Gerd Müller. Er
habe schon mehrfach erlebt, dass Angehörige vorher nicht sagen, dass
ein korpulenter Toter abgeholt werden soll. Dann müsse der Transport
umorganisiert und ein Sarg im XXL-Format bestellt werden.

Der Bundesverband Bestattungsbedarf beobachtet, dass seit zwei, drei
Jahren verstärkt Särge mit Übergroße angefordert werden. „Die Größe
des Standardsarges verschiebt sich, Übermaße sind eine stark
steigende Tendenz“, sagt Sprecher Christoph Windscheif. 2 Meter Länge
und 0,70 Meter Breite Standardmaß reichten öfter nicht mehr und schon
gar nicht für Menschen, die zuletzt bis zu 300 Kilogramm wogen. Oft
müsse der Sarg auch mit zusätzlichen Leisten verstärkt werden. Viele
Bestatter haben laut Verband aber übergroße Exemplare auf Lager.

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