Post-Mortem-Fotografie: Der Tod, das Foto und die Trauer
Münster/Oberhausen (dpa) - Die letzte Aufnahme eines verstorbenen Angehörigen: Der Fotograf Martin Kreuels aus Münster macht Bilder für Hinterbliebene - und hilft ihnen bei der Bewältigung ihrer Trauer.
Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt eine Nahaufnahme. Jeder Bartstoppel ist zu erkennen. Auch jede Falte im Gesicht des alten Mannes. Er scheint zu schlafen, so ruhig wirkt sein Gesicht. Doch er ist gestorben. Seine Angehörigen haben nach seinem Tod ein Porträt in Auftrag gegeben. Post-Mortem-Fotografie wird diese traditionsreiche, aber zwischenzeitlich in Vergessenheit geratene Form der Trauerbewältigung genannt. Der Fotograf Martin Kreuels aus Münster hat sich darauf spezialisiert. Mit der Kamera nähert er sich den Toten im Auftrag der Lebenden - ohne Blitzlicht oder andere künstliche Lichtquellen, mit Distanz, aber nicht ohne persönlichen Bezug.
„Als meine Frau vor einigen Jahren an Krebs starb, machte mein kleiner Sohn ein Bild von seiner toten Mutter. Warum? Er sagte: Mama ist doch gleich weg.“ Kreuels wunderte sich und wendete sich fragend an eine Psychologin. Die nahm ihm die Sorgen, was seinen Sohn betraf und er entschied, sich des Themas anzunehmen. „Durch die Aufnahme“, sagt Kreuels, „hat sich mein Sohn mit dem Sterben konfrontiert, mit dem endgültigen Abschied.“ Ein Bild könne helfen, sich den Verlust zu vergegenwärtigen und mit ihm umzugehen.
In den letzten vier Jahren hat er einige Dutzend Fotografien von Verstorbenen angefertigt, mal Porträts, mal Details wie gefaltete Hände. Seine Auftraggeber kommen aus allen Schichten und Altersklassen: junge Eltern, die um ihr tot geborenes Kind trauern, die Familie eines verstorbenen Karnevalsprinzen, der in seiner Uniform beerdigt werden soll.