Mit Kindern über schlimme Weltereignisse sprechen

Hamburg/München (dpa/tmn) - Die Bilder sind drastisch und allgegenwärtig: Auch Kinder werden mit Nachrichten über Fukushima oder die Tötung Osama bin Ladens konfrontiert. Eltern sollten mit ihnen darüber sprechen - aber manchmal Informationen aussparen.

Die Bilder und Nachrichten der Weltereignisse dieses Jahres haben viele Erwachsene in Atem gehalten: Die Atomkatastrophe in Japan, die Tötung des Terroristen Osama bin Laden oder die Sorge um den gefährlichen Darmkeim EHEC. Können schon Erwachsene die Geschehnisse oft nur mühsam verdauen, so ist oft unklar, was Kinder und Jugendliche davon mitnehmen und verstehen. „Die Idee hat sich erledigt, die Kinder von den großen, fürchterlichen Weltereignissen fernzuhalten - die Bilder sind omnipräsent“, sagt die Medienpädagogin Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) in München.

Doch wie soll man den Kindern diese Welt erklären, ohne Angst zu schüren? „Es ist im Augenblick wirklich eine große Herausforderung für Eltern, jeweils Erklärungen zu geben“, sagt Verena Weigand, Jugendschutzreferentin der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien in München. Dabei müssen zum einen der Wissensstand und das Verarbeitungsvermögen der Kinder berücksichtigt werden, aber auch die Art und Weise, wie Kinder von den Nachrichten erfahren.

„Jugendliche informieren sich leider häufig nicht gerade in den seriösen Medien über die Geschehnisse“, sagt Weigand. Oft erhielten sie unausgewogene Informationen und würden mit teils schockierenden Bildern konfrontiert. „Eltern sollten aktuelle Themen wie etwa Bin Ladens Tod ansprechen und fragen 'Was habt Ihr darüber gehört?'“.

Kinder zwischen 8 und 14 Jahren seien oft bestürzt und verunsichert über aktuelle Ereignisse. „Die jüngeren von ihnen verstehen oft nicht genau die Hintergründe, sie wollen Argumente hören. Da sind Kindermedien und - nachrichten eine gute Art und Weise, sie aufzuklären.“

Erwachsene trauten diesen Schulkindern jedoch schon eine Menge zu, und oft sei es jene Altersgruppe, die abends noch mit den Eltern Nachrichten schaue. „In diesem Fall sollte man die Kinder nicht direkt danach ins Bett schicken und sie mit den Informationen alleine lassen - das ist eine Überforderung für diese Altersgruppe“, sagt Weigand.

Bei den Kindern unter 8 Jahren sei es am schwierigsten, wenn sie Bilder von Ereignissen wie Krieg oder Naturkatastrophen sähen. Sie reagierten am stärksten auf Bilder. „Oft werden in Nachrichten auch Kinder gezeigt, um die Zuschauer emotional anzusprechen. Kinder nehmen diese anderen Kinder als Identifikationsfiguren wahr, und übertragen das auf sich“, sagt Weigand.

Zum Erdbeben in Fukushima seien Erklärungen hilfreich, warum es Atomkraft gebe, wofür sie gebraucht wurde in der Vergangenheit, und dass wirklich selten etwas passiere. Für eine ehrliche Aufklärung plädiert auch der Kinderpsychotherapeut und Traumaexperte Andreas Krüger aus Hamburg. „Man sollte die Kinder nicht auf Basis falscher Tatsachen beruhigen“, sagt Krüger. Gleichwohl sollten aber Fakten dosiert werden, um die Kinder nicht mit einem Zuviel an Infos zu quälen.

Aus seiner Sicht sollten gerade jüngere Kinder unter 8 Jahren von schrecklichen Bildern möglichst ferngehalten werden, weil sie sie nur schlecht verarbeiten können. Mit zunehmendem Alter verstünden sie die Probleme, die es auf der Welt gebe - und Eltern sollten darauf eingehen.

Krüger glaubt, dass ein gesundes Kind durch Nachrichtenbilder kaum schwer traumatisiert wird. Sensibilisierte und traumatisierte Kinder jedoch, die in den ersten Lebensjahren schon viel Leid mitbekommen hätten, seien womöglich empfindlicher. „Durch schreckliche Bilder können bei ihnen Angst und Albträume ausgelöst werden. Manchmal sind sie ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.“

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