Lange Leitung: Wie Freundschaft auf Distanz klappt

Göttingen (dpa/tmn) - Mit der besten Freundin trifft man sich oft und meist spontan. Doch was passiert, wenn sie wegzieht? Um sich nicht aus den Augen zu verlieren, müssen Jugendliche sich anstrengen.

E-Mails und soziale Netzwerke machen es ihnen aber leichter.

Ob Umzug, Schulwechsel oder Auslandsjahr: Es gibt viele Gründe, warum man seine vertraute Umgebung verlässt und sich einen neuen Freundeskreis aufbauen muss. Wer extrovertiert ist, sammelt schnell neue Kontakte. Trotzdem hängt man meistens noch an alten Freunden. In der Alltagshektik wird ein Telefonat aber gerne mal so lange verschoben, bis es in Vergessenheit gerät.

Weiterhin auf dem Laufenden zu sein, was das Leben der Freunde angeht, wird mit der Entfernung schwieriger. Plötzlich erzählt die Freundin von neuen, aufregenden Menschen, die sie kennengelernt hat. Sie geht mit ihnen aus, vertraut sich anderen an. Eigentlich sollte man sich als gute, loyale Freundin für sie freuen. Stattdessen hat man Angst, für sie nicht mehr wichtig zu sein.

„Wenn eine Freundschaft wirklich gefestigt ist, kann ihr die räumliche Trennung nichts anhaben“, sagt Gisela Wetzel-Willert, Vorstandsvorsitzende des Kinder- und Jugendtelefons Göttingen. Um in Kontakt zu bleiben, sollten Jugendliche alle verfügbaren Mittel nutzen. Hierzu gehören natürlich Mails, Telefonate und Briefe. Eine gute Ergänzung sind beispielsweise Videoanrufe, um sich nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen.

Viele Jugendliche legen allerdings auf Briefe keinen Wert mehr. „Das ist doch eher von gestern“, sagt der 16-jährige Max. „Ich finde den Gedanken, einen Brief zu bekommen, eigentlich schön, aber das macht doch keiner“, bedauert die 15-jährige Luisa. Außerdem dauere das viel zu lange. Chatten und Skypen sind einfacher - und deshalb beliebter. Und das ist auch gut so, sagt der Diplompsychologe Ulrich Gerth aus Mainz: „Egal, wo auf der Welt, über die elektronischen Medien kann der Kontakt immer gepflegt werden.“

Genauso viel Kontakt wie vorher werden Freunde aber nicht haben, wenn einer der beiden umgezogen ist. „Doch wenn das wirklich gute Freunde sind, hält die Freundschaft trotzdem“, sagt Gerth. Dass man sich weniger sehe, spiele dann keine Rolle. Wichtig sei, an besondere Ereignisse wie Geburtstage oder Weihnachten zu denken: „Wenn diese vergessen werden, sind das schon erste Signale dafür, dass die Freundschaft brüchig geworden ist“, sagt Gisela Wetzel-Willert.

Eine gute Möglichkeit, um die Freundschaft aufrecht zu erhalten, können auch kleine Zeichen sein: Zum Beispiel, dem oder der anderen die Lieblingsschokolade oder etwas Ähnliches zu schicken. Dafür muss es nicht einmal einen Anlass geben.

Dass trotz aller Bemühungen eine gute Freundschaft zerbrechen kann, ist Realität. Luisas beste Freundin ging für ein Jahr in die USA. In den ersten Monaten telefonierten und chatteten sie noch regelmäßig, doch irgendwann wurde es immer weniger. Ihre Freundin fing plötzlich an, sich von Luisa abzuwenden. „Wir waren seit Jahren beste Freunde, doch diese neue Erfahrung hat sie sehr verändert. Als sie zurückkam, war sie ein ganz anderer Mensch.“ In diesem Fall sollten Jugendliche sich nicht dagegen stemmen, sagt Wetzel-Willert. Sie müssten lernen, das zu akzeptieren.

Für Jugendliche, die auf einmal in einem neuen Umfeld leben, ist es wiederum wichtig, sich neuen Leuten zu öffnen. Denn wenn sie zu sehr an ihren alten Freunden hängen, kann das einsam machen. Zum Finden neuer Vertrauter gehört es manchmal eben auch dazu, sich von alten zu trennen.

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