Heute wird anders getrauert

Bei der Beerdigung werden Lieblingslieder des Verstorbenen gespielt. Die Angehörigen reden in Gruppen mit Gleichgesinnten.

Düsseldorf. Der Verlust eines Angehörigen oder guten Freundes ist fast immer sehr schmerzhaft. Dass Sterben und Tod in unserer Gesellschaft oft kaum noch sichtbar sind, ändert daran wenig. Im Gegenteil: "Heute wissen die Leute gar nicht mehr, was Tod ist", sagt Fritz Roth, Bestatter und Gründer der Trauerakademie in Bergisch Gladbach. "Und wir wissen nicht mehr, uns auszudrücken, wenn es um Tod und Sterben geht." Das macht das Trauern noch schwieriger.

Wichtig sei, dass Trauernde "ankommen und sich fallen lassen können", betont Roth. Eine Adresse dafür sind Gesprächskreise für Trauernde - an der Trauerakademie gibt es aber zum Beispiel auch Kochkurse. "Wir stellen da gemeinsam ein Menü zusammen, gehen auf den Markt einkaufen und kochen dann", erzählt Roth.

Viele alte Rituale sind inzwischen fast vergessen - das Aufbahren des Toten in dessen Haus, die schwarze Trauerkleidung oder regelmäßige Gottesdienste für den Verstorbenen. "Oft gab es dabei einen engen Bezug zur Kirche, zum Teil waren diese Traditionen auch sehr rigide", sagt Peter Marx, Psychoanalytiker. Das alles ist längst nicht mehr so - aber die verschwundenen Rituale haben ein Vakuum hinterlassen.

Langsam füllt es sich mit neuen Formen der Trauerbewältigung. Dazu kann auch gehören, dass Freunde des Toten bei der Beerdigung am Grab Gedichte lesen, sein Lieblingsstück von Pink Floyd spielen oder an seinem ersten Todestag Teelichter auf den Grabstein stellen.

Marx hält spezielle Angebote grundsätzlich für sinnvoll: "Auch Reisen für Trauernde können gut sein, wenn ich raus aus den eigenen vier Wänden kommen will." Ähnlich sei es mit den Kochkursen. "Aber man muss wissen: Trauer braucht seine Zeit", sagt der Psychologe. "Ich darf da nicht hingehen und glauben, die Trauer sei hinterher weg. Das wäre naiv."

Das sieht auch Ulla Steger so: "Viele denken, dass der Trauerprozess ungefähr ein Jahr dauert", erklärt die Psychologin aus Düsseldorf. "Aber die Trauer ist nach dem ersten Todestag nicht vorbei." Manchmal sei das zweite Jahr noch viel schlimmer als das erste - auch weil die Trauernden selbst oft hofften, ihr Schmerz sei dann weg.

"Und dann fallen sie in ein ganz tiefes Loch, wenn sie merken, das stimmt nicht." Hinzu kommt, dass während des ersten Trauerjahres andere Verwandte und Freunde davon ausgehen, dass ihnen der Verlust noch wehtut - im Jahr danach viele sich aber so verhalten, als sei dann alles wieder im Lot.

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