Engagiert aus der zweiten Reihe: Stiefmütter haben nur wenig Rechte

Aschaffenburg (dpa/tmn) - Sie hat eine schwierige Rolle in der Patchworkfamilie: Die neue Freundin kümmert sich als Stiefmutter um die Kinder ihres Partners, andererseits hat sie kaum formale Rechte. Und im Hintergrund bleibt immer die Ex, die den Ton angibt.

Engagiert aus der zweiten Reihe: Stiefmütter haben nur wenig Rechte
Foto: dpa

Die Stiefmutter wird von der Gesellschaft oft stiefmütterlich behandelt: Mag sie im Alltagsleben eine wichtige Bezugsperson für das Kind des Partners sein, die kocht oder mit ihm für die Mathearbeit paukt: Rechte hat sie keine.

„Der Status der Stiefmutter, die nicht mit dem Partner verheiratet ist, ist vergleichbar mit einer Hausangestellten oder bezahlen Betreuungsperson“, sagt Sabine Langhirt, Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin in Aschaffenburg. Im Alltag ist es jedoch häufig üblich, dass die Stiefmutter mitredet und anstehende Entscheidungen trifft. Sofern eine Vollmacht vom Partner vorliege, sei das unproblematisch und ausreichend, erklärt die Familienrechtlerin.

Im Zeitalter der Patchworkfamilien pendeln immer mehr Kinder zwischen zwei Familien. Oder sie leben, eher selten, ganz getrennt von der leiblichen Mutter, weil diese etwa krank ist. „Die Rechte des Stiefelternteils leiten sich dabei allein von den Rechten des leiblichen Vaters oder der leiblichen Mutter ab. Es sei denn, das Kind wird adoptiert“, sagt Langhirt. Eine Adoption sei jedoch die absolute Ausnahme, da hier der andere Elternteil zustimmen müsse.

Der rechtliche Status der Stiefmutter ist schwierig, ihre Rolle in der Patchworkfamilie oftmals auch. Kindern falle es schwer, eine neue Person in ihr Reich lassen, sagt Dorothee Schif, Leiterin der psychologischen Beratungsstelle der Evangelischen Kirche in Stuttgart. Gefühle wie Neid, Eifersucht, Konkurrenz, Trauer und vor allem Wut sind hier schnell im Spiel. „Die Stiefmutter tut sich leichter, wenn sie anerkennt, dass eine Patchworkfamilie eine schwierige Konstellation ist.“

Oftmals hätten Stiefmütter den Anspruch, eine Supermutter sein zu wollen, sagt die Kölner Psychologin Katharina Grünewald, die Workshops für Stiefmütter anbietet. „Viele rennen in diese Falle. Und sind dann enttäuscht, wenn ihr Engagement nicht genügend wertgeschätzt wird“, sagt Grünewald. Besser sei es, nicht die Mutter zu spielen.

Eine Sackgasse sei es auch, in Konkurrenz zur leiblichen Mutter zu treten. Die Bindung an die biologische Mutter sei meistens stärker, betont Familienberaterin Schif. Wer nicht die Mutterrolle, sondern die Rolle einer älteren Freundin übernehme, verhindere, dass die Kinder in Gewissensnöte geraten. Die Stiefmutter solle sich am besten auch nicht mit „Mama“ anreden lassen, sondern mit dem Vornamen.

„Mama meint dies, Mama meint jenes…“ - manchmal haben Stiefmütter den Eindruck, dass die biologische Mutter im Hintergrund mitsouffliert. „Das geschieht gerade dann sehr häufig, wenn das Kind meint, dass die eigene Mutter tabuisiert wird“, sagt Katharina Grünewald. Sie empfiehlt dann den Stiefmüttern, einen Stuhl an den Esstisch zu stellen und zu sagen: „Deine Mama hat jetzt hier einen Platz. Was würde sie dazu sagen?“ Dem Kind könne so das Gefühl gegeben werden, dass seine Mutter auch gefragt wird. „Wenn sich das Kind dann sicher fühlt und sicher ist, dass die Mutter nicht übergangen wird, kann man wieder vorschlagen: "So jetzt stellen wir den Stuhl weg und sind unter uns."“

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