Bei Vorwürfen des Partners gelassen bleiben

Berlin (dpa/tmn) - „Du betrügst mich sowieso“: Unterstellungen des Partners sind oft schwer zu parieren. Dabei steckt hinter diesen Prophezeiungen in Wahrheit häufig der Wunsch, geliebt zu werden.

Statt auf Verteidigung zu schalten, geht man besser auf den anderen ein.

Wer seinen Partner betrogen hat, wird meist von Schuldgefühlen geplagt. Mindestens genauso schlimm aber ist es, einen Seitensprung unterstellt zu bekommen. Und doch gibt es Menschen, die ihrem Partner ständig Schlechtes nachsagen: „Du betrügst mich doch sowieso“ oder „Ich bin nicht gut genug für Dich“ - die Palette der Vorwürfe ist breit gefächert. Dahinter steckt oft nur der Wunsch nach Nähe. Von der richtigen Reaktion des Partners hängt deshalb sehr viel ab.

Legt der Partner ein derart selbstzerstörerisches Verhalten an den Tag, sprechen Experten von Self-Fulfilling-Prophecy - einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. „Menschen unterstellen anderen, etwas getan zu haben, das sich bald auch einstellt“, sagt Karten Noack. Wer seinem Partner beispielsweise immer wieder vorhält, dass der die Beziehung am liebsten beenden würde, werde bald verlassen, erklärt der Kommunikationscoach aus Berlin. „Betroffene fühlen sich in ihren Vorahnungen dann bestätigt. Dabei hat der Partner die Anschuldungen irgendwann nicht mehr ausgehalten und die Beziehung deshalb beendet“, so Noack.

Auch aus einem unterstellten Seitensprung kann schnell Realität werden. „Wird der andere nur oft genug für etwas bezichtigt, das er nicht getan hat, dann hat er seine Strafe schon bekommen. Also kann er es auch tun“, erklärt Noack.

Wenn einem Menschen nur Misstrauen entgegengebracht wird, ruft das meistens nicht die besten Eigenschaften in ihm hervor. „Wem dagegen Vertrauen geschenkt wird, will das auch verdient haben“, glaubt Karsten Noack. Die Paartherapeutin Gabriele Leipold aus München rät Beschuldigten in solchen Momenten darüber nachzudenken, ob sie das Verhalten des Partners eventuell provoziert haben. „Manchmal verhält man sich komisch oder verletzt den anderen, ohne es selbst zu merken.“

In diesem Fall könne man den Partner bitten, sofort etwas zu sagen, wenn die Situation wiederkehrt. „Oft mangelt es Betroffenen an Selbstwertgefühl. Mit den Anschuldigungen erhoffen sie sich Nähe, Zuneigung und so auch Selbstbestätigung“, sagt Leipold. Die Frage sei allerdings, was der Partner bereit sei, zu leisten. Wer von seinem Gegenüber ständig aufgefordert wird, Zuneigung zu zeigen, gerate schnell an seine Grenzen. „Druck erzeugt immer Gegendruck“, sagt Karsten Noack.

Viele Menschen werten Vorwürfe und Unterstellungen als Angriff auf die eigene Person und fangen automatisch an, sich zu verteidigen. Ein Unterfangen, das in den meisten Fällen erfolglos bleiben wird, glaubt Gabriele Leipold: „Wenn jemand, aus welchen Gründen auch immer, kein Vertrauen hat und sich in seiner eigenen Realität festbeißt, ist er für Argumente nicht mehr zugänglich.“ Besser sei es, dem anderen klar zu machen, wie verletzend die Vorwürfe sind. „Den eigenen Schmerz auszusprechen kommt beim Partner eher an als Erklärungen“, sagt Leipold. „Von sich selbst zu sprechen, kann dem Partner zusätzlich Gründe liefern, seine Unarten abzustellen“, ergänzt der Kommunikationsexperte Rudi Rhode aus Wuppertal

Karsten Noack rät, mit Wohlwollen und einem Augenzwinkern zu reagieren. So könne man dem Partner mit Sätzen wie „Was genau willst du denn jetzt?“ oder „Sag doch, dass du einfach in den Arm genommen werden willst“ den Wind aus den Segeln nehmen. „Wichtig ist, ihn dabei auch wirklich mal zu drücken und Zuneigung zu zeigen. Auf diese Weise unterbricht man den Kreislauf von Anschuldigung und Verteidigung, der sonst immer einsetzt.“

Das Problem totzuschweigen, sei keine Option. Karsten Noack rät allerdings davon ab, das Problem immer wieder neu zu diskutieren. Geklärt werden sollte vor allem, was der andere mit seinem Verhalten bezweckt.

„Viele glauben, dass der Partner schnell Ruhe gibt, sobald man nicht mehr auf seine Anschuldigungen reagiert. Doch das Gegenteil ist der Fall“, warnt Gabriele Leipold. Dann fühle sich der Partner in seinen Verdächtigungen erst recht bestätigt und werde so lange weitermachen, bis der andere reagiert.

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