Bienen: Ein Volk von Spezialisten

Im Frühjahr paaren sich Königin und Drohnen – der erste Schritt zum Experten-Staat.

Düsseldorf. Im Frühling ist Zeit für den Hochzeitsflug der Bienen - den erstaunlichsten und gefährlichsten Tag im Leben einer Bienenkönigin. Sie ist nur wenige Tage alt und hat den Bienenstock noch nie verlassen. Sie hat unmittelbar nach dem Schlüpfen ihre jüngeren Königinnenschwestern in deren Brutwaben erstochen. Jetzt fliegt sie los um sich mit Drohnen zu paaren. Dabei ist sie nicht ganz allein: Viele Bienen begleiten sie als lebende Opfer. Wenn hungrige Vögel die Gruppe entdecken, sollen die Begleiterinnen gefressen werden. Woher die junge Königin plötzlich weiß, wann und wo sie auf Drohnen trifft, ist unbekannt. Aber immerhin fanden Wissenschaftler vor kurzem den Riechrezeptor, mit dem die Drohnen den Duft der Königin erkennen und ihm folgen.

Treffen Königin und Drohnen aufeinander, paaren sie sich in der Luft. Zehn bis 20 Drohnen schaffen es - und werden damit zu Vätern mehrerer 100000 Arbeiterinnen. Allerdings erleben die Väter diesen Erfolg nicht mehr, denn es zerreißt sie noch in der Luft, unmittelbar nach der Paarung.

Wenig tröstlich ist auch das Ende ihrer Geschlechtsgenossen: Sie werden in wenigen Wochen, wenn die Paarungsflüge zu Ende sind, als nutzlose Esser von den Arbeiterinnen vor den Stock gekehrt und verhungern. Wer nutzlos ist im Staat, wird beseitigt.

Die Paarung bleibt aber auch für die Königin die letzte: Sie bewahrt die Spermien ihrer Liebhaber in einer speziellen Blase auf - und wird mit ihnen noch mehrere Jahre lang Eier befruchten. Das wird lebenslang das einzige sein, was sie tut.

Der Mensch hat, wenn er nicht gerade unter Fieber leidet, eine konstante Körpertemperatur von 37 Grad Celsius. Die Bienen fast auch, aber nur als Gesamtorganismus: Dort, wo die empfindliche Brut ist, herrscht eine konstante Temperatur von 35 Grad - sommers wi*e winters. Damit das funktioniert, brauchen sie Schweißzellen im Sommer und zitternde Muskeln im Winter. Und tatsächlich: Im Sommer "schwitzt" das Bienenvolk. Spezialisierte Bienen tragen Flüssigkeit in den Stock, die sie in hauchdünnen Schichten auf der Oberfläche verteilen. Andere Bienen fächeln mit den Flügeln Luft in den Stock, so dass durch den Durchzug das Wasser verdunstet und kühlt.

Im Winter dagegen zittert das Bienenvolk: Einzelne Bienen "kuppeln ihre Flügel aus" und bewegen ihren Flugmuskel im Leerlauf so schnell, dass sich ihr Körper bis auf 45 Grad erhitzt.

Jeder stellt sich die Frage: Woher kennt die Biene ihr Spezialgebiet? Das funktioniert so: Nachdem sich aus dem befruchteten Ei eine Made entwickelt hat, muss ihr von außen gesagt werden, ob sie eine Königin oder eine Arbeiterin werden soll. Das tun die spezialisierten Ammenbienen, indem sie die zukünftige Königin mit Gelée Royale füttern, die anderen Bienen nicht. So wird dafür gesorgt, dass eine neue Königin nur gebildet wird, wenn die alte tot ist - oder keine befruchteten Eier mehr legen kann.

Sehr geheimnisvoll ist übrigens die Kommunikation im Bienenstock. "Gehirnbienen" gibt es nicht. So wie die Nervenzellen im menschlichen Gehirn einzeln keine Information speichern können und nur im Verbund "klug" werden, so sind auch die Bienen einzeln hilflos. "Aber jede Begegnung ist auch Kommunikation", sagt Werner von der Ohe, Leiter der Bienenforschungsanstalt in Celle. "Immer wenn sich zwei Bienen treffen, tauschen sie Informationen aus - in Form von Nektar, Gerüchen oder auch Bewegungen."

Nektarsammelnde Bienen "tanzen" die Richtung, Entfernung und Menge des gefundenen Nektars auf dem Resonanzboden der Brutzellen. Und tausende von unbeteiligten Bienen hören diese Trommelsignale mit. Der Bienenstock ist eine durchgehend geöffnete Informationsbörse. "Und es ist immer der ganze Bienenstaat, der Entscheidungen fällt", sagt von der Ohe.

Sammelbienen Sie wiegt nur ein Zehntel Gramm und kann dieHälfte Ihres Körpergewichts an Nektar über mehrere KilometerFlugstrecke transportieren.

Bienenstock Zitternde Heizerbienen sorgen für eine konstante Temperatur von 35 Grad - dort, wo die empfindliche Brut heranwächst.

Honig Die Biene speichert Nektar in ihrem Transportmagen -später wird er zu Honig eingedickt. Für ein Kilogramm fliegen dieBienen rechnerisch einmal um die Erde.

Wabe Ihre sechseckige Form bildet sich von allein - wie bei Seifenblasen, wenn sie aneinander stoßen.

Bienenvolk Etwa 50000 Weibchen, 1000 Männchen und eine Königin wohnen in dem dunklen Bienenstock.

Waben Ihre Wände sind weniger als einen Millimeter dick - trotzdem verbauen die Bienen über ein Kilogramm an Wachs.

Bienenkönigin Sie legt im Sommer täglich bis zu 2000 Eier - theoretisch bis zu einer Million in ihrem ganzen Leben.

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