Wie werde ich ...? Stuntman

Mendig (dpa/tmn) - Sie sind die Helden im Hintergrund: Stuntmen nehmen im Film den Platz der Stars ein, wenn Actionszenen anstehen und es brenzlig wird. Das ist ein spannender, aber auch gefährlicher Job.

Übermütige Draufgänger sind in ihm nicht gefragt.

Mit quietschenden Reifen rast ein brennender Geländewagen um die Kurve. Ein Mann springt heraus. Er fällt auf den Asphalt und rutscht eine Böschung hinab. Schnitt. Der Mann steht auf und lacht. Ihm ist nichts passiert. Solche Auftritte als Stuntman in der US-Serie „Ein Colt für alle Fälle“ haben Lee Majors bekannt gemacht. Nach wie vor drehen Stuntleute wie er solche gefährlichen Szenen. Der Job erfordert viel Training und Teamgeist.

„Ängstliche Menschen sind in dem Beruf fehl am Platz“, sagt Patrick Doetsch aus Mendig bei Koblenz. Wer Angst hat, macht Fehler, weiß der Stuntman aus seinem Arbeitsalltag. Und ein Fehltritt kann bei den gefährlichen und ins Detail geplanten Manövern böse Verletzungen nach sich ziehen. Daher sind starke Nerven wichtig.

Wer als Stuntman nur den Nervenkitzel sucht, liegt aber ebenso schief. Mut und Selbstüberwindung seien zwar nötig, Übermut hingegen schadet nur. „Draufgänger-Typen gefährden sich und andere am Set“, erklärt Doetsch, der eine Stuntschule leitet. Respekt vor dem Risiko sei ein guter Ratgeber. Das gelte umso mehr, als beim Dreh der spektakulären Aktionen niemals Routine einkehrt. Keine Szene sei wie die andere. „Man muss ständig an sich arbeiten.“

Wichtig seien eine starke Muskulatur sowie ein gesunder Bewegungsapparat, sagt Sascha Borysenko, Stunt-Koordinator und Leiter einer Schule in Ingolstadt. Treppenstürze, Hindernis-Sprünge und Hängen am Helikopter seien sonst nicht zu bewältigen. Auch ein schnelles Reaktionsvermögen ist ein Muss. Gute Voraussetzungen bringe mit, wer Sportarten wie Judo, Ringen, Turnen oder Reiten beherrscht und mehrere Fahrzeugtypen steuern kann.

Schaupielerei gehört auch zur Arbeit. Beim Sturz aus dem Fenster müssen die Eigenarten des Schauspielers und dessen Rolle perfekt beherrscht werden. „Artistik allein reicht nicht“, erklärt René Lay vom Bundesverband Deutscher Stuntleute in Berlin. Die Spezialität des Stuntman bestehe vielmehr in der künstlerischen Umsetzung einer Action-Sequenz. „Dazu muss man sich gedanklich intensiv mit der Rolle beschäftigen“, ergänzt Stuntman Doetsch.

Einen staatlich geregelten Zugang zum Beruf gibt es nicht. „Im Prinzip kann jeder Stuntman werden“, erklärt Borysenko, der seit mehr als 30 Jahren im Stunt-Geschäft tätig ist. Eine praxisnahe Ausbildung bieten Lay zufolge Stunt-Gruppen oder spezielle kostenpflichtige Schulen an. In der ein- oder zweijährigen Ausbildung vermitteln professionelle Stuntleute und Extremsportler alle Fertigkeiten, die in Actionfilmen und bei Stunt-Shows gefragt sind. Die Palette reicht von Autostunts über Showkämpfe bis hin zum Personenbrand.

Begonnen wird ganz unspektakulär: mit Trockenübungen in der Turnhalle. Ein rollender Mattenwagen simuliert ein Fahrzeug, gesprungen wird von den unteren Sprossen einer Kletterwand, Höhenstürze werden auf dem Trampolin geübt. Das Einüben von Choreographien für Schlägereien verlangt hohe Konzentration. Denn am Filmset müssen die Szenen schließlich oft mehrfach gedreht werden. Dann muss jeder Griff sitzen, und zwar jedes Mal genau gleich. Gefragt sind Teamplayer, die auch bereit sind, etwa nachts zu arbeiten, sofern es das Drehbuch verlangt.

Für den Alltag am Drehort müssen Stuntleute außerdem Fachvokabeln pauken, um die Regieanweisungen zu verstehen, erklärt Patrick Doetsch. Teil der Ausbildung seien auch handwerkliche Arbeiten mit Schweißgerät oder Bohrmaschine - etwa um die Rampe für einen Fahrzeug-Stunt zu präparieren. Gute Karrierechancen haben Lay zufolge diejenigen, die Fertigkeiten aus ihrem Beruf etwa als Werkzeugmacher oder Elektriker einbringen können. Ebenso nützlich seien Erfahrungen mit Fremdsprachen oder der darstellenden Kunst.

Ob jemand Stuntman oder -frau wird, bestimmt manchmal auch der Zufall, hat René Lay beobachtet. Denn zum Teil werden Doubles nur für einzelne Filmszenen benötigt, etwa wenn dafür gerade kein Profi-Stuntman verfügbar ist. In diesem Fall werden auch Sportler wie Fallschirmspringer, Reiter oder Skateboarder angelernt, die zum gewünschten Profil passen. „Schlagen sich die Laien gut, sind weitere Engagements nicht ausgeschlossen.“ Es kommt also auch darauf an, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Dann werden sie vielleicht auch einmal wie Colt Seavers ein Stuntman für alle Fälle.

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