Weit weg von Yale und Oxford - Studieren in Entwicklungsländern

Berlin (dpa/tmn) - Selten wagen Studenten den Weg in ein Entwicklungsland. Sie haben oft Angst, dass es dort zu unsicher sein könnte. Hinzu kommt die fehlende Erfahrung deutscher Unis. Mit der passenden Vorbereitung kann so ein Auslandsaufenthalt aber gut werden.

Weit weg von Yale und Oxford - Studieren in Entwicklungsländern
Foto: dpa

„Ich hatte einen wirklich großen Kulturschock“, erinnert sich Lucas Lamberty an seinen Auslandsaufenthalt im Libanon an der American University. Als der Student im September 2012 in Beirut aus dem Flugzeug stieg, waren die Einschusslöcher in den Hausfassaden das Erste, was ihm auffiel.

Lamberty studiert Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Uni Heidelberg. Seit dem einsemestrigen Auslandsaufenthalt hat er den Nahen Osten für sich entdeckt - als Forschungsschwerpunkt. „Für die Untersuchung des Umbruchs in den arabischen Staaten kann solch ein Vorhaben durchaus sinnvoll sein“, bestätigt Anke Sobieraj vom Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD).

Im Moment ist die Liste der Partnerschaften zwischen deutschen Hochschulen und Entwicklungsländern übersichtlich. Hinzu kommt, dass sich die meisten Studierenden für ein Industrieland entscheiden: 2011 waren über 6000 deutsche Studenten in Frankreich, aber nur 21 im afrikanischen Ghana. Das macht den Erfahrungsaustausch schwer.

„Ich bin damals als Free Mover in den Libanon gegangen, weil meine Uni keine Kontakte nach Beirut hatte“, erzählt Lamberty. Um das Semester im Ausland nicht wiederholen zu müssen, sollte in jedem Fall mit der Heimatuniversität geklärt sein, ob die Kurse angerechnet werden. Der DAAD empfiehlt, ein Jahr vor dem Auslandsaufenthalt mit der Vorbereitung zu beginnen. Einige Länder fordern eine medizinische Bescheinigung des Hausarztes oder sogar ein Führungszeugnis.

Lamberty ist Stipendiat einer staatlichen Stiftung, die ihn während seines Aufenthalts mit einem Auslandszuschuss und einer Reisekostenpauschale unterstützt hat. Daneben gibt es die klassische Finanzierungsvariante durch den DAAD. Die Stipendiendatenbank des Austauschdienstes bietet einen Überblick über mögliche Förderungen. Außerdem kann der Bewerber Auslands-Bafög beantragen.

Neben der Bewerbung sollten Anwärter sich auch kulturell vorbereiten und ein realistisches Bild von dem Land entwickeln. „Den Libanon nur mit Kamelen und Wüste zu verbinden, ist der falsche Ansatz“, warnt Lamberty. Die Internationale DAAD-Akademie bietet Kurse an, in denen Studierende auf den Auslandsaufenthalt vorbereitet werden - Kostenpunkt rund 200 Euro. Darüber hinaus haben einige Universitäten einen Career Service mit entsprechenden Lehrveranstaltungen: „Hier lernen Studierende Umgangsformen und werden auf mögliche kulturelle Missverständisse hingewiesen“, erklärt Antje Karbe von der Universität Tübingen.

Das Leben in einem Entwicklungs- oder gar Krisenland kann gefährlich sein. „Während meiner Zeit in Beirut gab es einen Bombenanschlag. Ich habe zwar erst durch die Presse davon erfahren, aber die Folgen am Tatort sahen furchtbar aus“, berichtet Lamberty.

Trotzdem habe er sich nie unsicher gefühlt, sagt er. Zu seinen angenehmen Erinnerungen gehört jene an sein Studentenwohnheim, wo er mit Hochschülern aus Jordanien, Syrien oder dem Libanon auf einer Etage wohnte. Heute engagiert er sich in einer Hilfsorganisation, die syrische Flüchtlinge im Libanon unterstützt. Mit dem Land will er sich auch in seiner Bachelorarbeit beschäftigen.

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