Von Rechtstipp bis Arztbesuch: Studenten helfen Flüchtlingen

Berlin (dpa/tmn) - Sie haben das Wissen, die Motivation und die Möglichkeiten, Flüchtlingen zu helfen: Studenten. An Hochschulen zeigen sie, was genau „Refugees Welcome“ bedeutet. Ob Medizin-, Jura- oder Sportstudenten, sie nutzen ihr Erlerntes, um Asylbewerbern den Einstieg zu erleichtern.

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Rechtsberatung: Das Asylverfahren ist voller bürokratischer Hürden und juristischem Kauderwelsch. Doch die wenigsten Asylbewerber können sich Rechtshilfe leisten. Diese Lücke wollen Jurastudenten füllen. „Wir machen, was ein Anwalt sich kaum zeitlich und ein Flüchtling sich meistens finanziell nicht leisten kann“, sagt Christoph König. Er ist ein Gründungsmitglied der Refugee Law Clinic an der Berliner Humboldt Universität. Der Verein bildet Studenten als Rechtsberater im Asylrecht aus, damit sie dann in Sprechstunden Flüchtlinge beraten oder sie durch ihr Asylverfahren begleiten können.

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Ähnliche Refugee Law Clinics gibt es auch in anderen Städten, etwa Köln, Leipzig oder Hamburg. Die Refugee Law Clinic in Köln hat seit ihrem Start Mitte 2013 rund 250 Menschen betreut, sagt Mitglied und Jurastudent Daniel Diedrichsen. Sie bekommen bis zu zehn neue Fälle pro Woche, was mit ihren rund 110 aktiven Mitgliedern momentan kaum zu stemmen ist. Von einer drohenden Abschiebung in andere EU-Staaten wegen des Dublin-Verfahrens, bis zu dem Asylverfahren oder Wohnungsverlegungen - sie helfen Flüchtlingen bei jeglicher Art juristischer Probleme.

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Ärztliche Betreuung: Medizinische Begriffe in einer Fremdsprache? Für viele Flüchtlinge ist selbst ein einfacher Arztbesuch eine Herausforderung. Außerdem ist das deutsche Gesundheitssystem für Ausländer oft schwer zu durchblicken, erklärt Medizinstudent Michael Götz. Deshalb betreuen er und rund 20 bis 30 weitere Regensburger Studenten Flüchtlinge bei ihren Arztbesuchen. „Ziel ist es, die medizinische Versorgung von Asylbewerbern zu verbessern.“

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Ein Medizinstudent und ein Dolmetscher besprechen mit dem Patienten seine Krankheitsgeschichte und begleiten ihn dann zum Arzt, erklärt der 25-jährige Schatzmeister des Vereins Migrantenmedizin Regensburg. In einer Nachbesprechung wird den Asylbewerbern dann genau erläutert, was der Arzt gesagt hat und wie die Behandlung aussieht. „Ich will die Fähigkeiten und das Wissen, die ich durch mein Studium erlangt habe, einsetzen, um Menschen zu helfen“, sagt Götz über seine Motivation.

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Rund 80 bis 90 Menschen hat der Verein seit der Gründung in 2009 betreut - von einmaligen Besuchen bei einem Kinderarzt bis zur monatelangen Behandlung psychischer Erkrankungen. Auch in anderen Städten Deutschlands, etwa in München, gibt es ähnliche von Studenten geführte Organisationen.

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Sport und Sprache: Ob in Syrien, Eritrea oder in Deutschland, Fußballbegeisterung ist universell. Und der Sport ist lehrreich: „Im Fußball sind viele Werte, die sich in der Gesellschaft wiederfinden, etwa Teamwork und Fair Play“, sagt Omar Fahmy, der Wirtschaft, Sport und Soziologie auf Lehramt studiert. Deswegen hat der 26-Jährige zusammen mit einem Kommilitonen der Universität Hildesheim ein Programm entwickelt, durch Nachhilfeunterricht und Fußball die Integration von Kindern zu fördern.

Die Organisation FuNah - „Fußball“ und „Nachhilfe“ - bietet diese Kombination einmal die Woche an verschiedenen Schulen an. Eine Gruppe haben sie nur für Flüchtlingskinder gegründet. Dabei steht das Deutschlernen im Vordergrund. „Der Sprachgebrauch wird besser und sie gehen viel mehr aus sich raus“, sagt Fahmy über die Fortschritte der Kinder, seitdem sie im Februar 2015 damit begannen. Das Fußballspielen ist eine Art Lockmittel für den Deutschunterricht, erklärt er.

„Ich habe selber einen Migrationshintergrund und hatte das Glück, dass meine Eltern mich unterstützt haben - das möchte ich zurückgeben“, sagt der 26-Jährige, der Wurzeln in Ägypten und im Libanon hat. FuNah hat zwei weitere Programme an Schulen, an denen sie Fußball und normalen Nachhilfeunterricht anbieten.

Kostenlos Studieren: Als Flüchtling in Deutschland zu studieren, ist schwer. Etlichen fehlen die nötigen Sprachkenntnisse, die Dokumente oder das Geld. Für die Geflüchteten bedeutet das viel verschwendete Zeit. „Die Warterei ist unnötig“, sagt Markus Kreßler. Zusammen mit anderen Berlinern hat er eine internationale Universität für Flüchtlinge gegründet, an der sich jeder Asylsuchende ohne Papiere einschreiben kann - kostenfrei. In den ersten beiden Jahren absolvieren die Studenten an der Kiron University Online-Kurse, im dritten Jahr können sie auf dem Campus einer der 15 Partner-Hochschulen studieren.

Fünf Studiengänge gibt es zur Auswahl, von Architektur bis Maschinenbau. Rund 1000 Studenten haben sich für das Wintersemester diesen Jahres eingeschrieben. Im kommenden Jahr wollen sie mehr als 10 000 Studenten haben - das kostet aber. Das Geld für die Initiative soll unter anderem über Crowdfunding zusammenkommen. Immer mehr Universitäten in Deutschland bieten Asylbewerbern auch an, als Gasthörer in die Hörsäle zu kommen: etwa die Universität Göttingen, die Leuphana Universität in Lüneburg oder die Universität Greifswald.

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