Studienergebnis : Viele Pflegekräfte fühlen sich gehetzt und ausgezehrt
Berlin (dpa) - Hunderttausende Pflegekräfte in Deutschland fühlen sich durch Überlastung, Dauerstress und geringe Bezahlung ausgezehrt. Eine in Berlin vorgestellte Erhebung von Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) und Verdi zeigt eine Bild von Überarbeitung als Dauerzustand.
Trotz zahlreicher Ankündigungen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), den Pflege-Alltag zu verbessern, fordern die Gewerkschaften stärkere Anstrengungen. Helfen soll ein neuer Tarifvertrag.
DIE ARBEITSBEDINGUNGEN: Drei von vier Pflegerinnen und Pfleger klagen laut der Studie über ständigen Zeitdruck. In der Krankenpflege sagen 80 Prozent, sie müssten ihre Arbeit sehr häufig oder oft in Hetze erledigen, in der Altenpflege 69 Prozent. Im Schnitt aller Branchen fühlen sich Beschäftigte demnach lediglich zu 55 Prozent gehetzt. Ein angemessenes Einkommen vermissen dabei 73 Prozent der Pflegekräfte.
46 Prozent der Beschäftigten in Pflegeberufen sagen, sie müssten oft Abstriche bei der Qualität ihrer Arbeit machen, um ihr Pensum zu schaffen - 49 Prozent in der Kranken-, 42 Prozent in der Altenpflege. DGB-Vorstand Annelie Buntenbach meint: „Die Personaldecke in der Alten- und Krankenpflege ist viel zu knapp, die Entlohnung gerade in der Altenpflege bescheiden und die Arbeitsbedingungen belastend.“
Dass sie in den letzten zwölf Monaten mehr Arbeit in der gleichen Zeit schaffen mussten, finden 59 Prozent in der Kranken- und 46 Prozent in der Altenpflege. Dabei handelt es sich oft um körperliche Schwer- sowie um Schicht- und Nachtarbeit: 73 Prozent müssen oft schwer tragen, heben oder stemmen. Zwei von drei Pflegenden sind oft im Schicht-, und jeder Dritte ist oft im Nachtdienst. Ausgepowert und zermürbt meinen 71 Prozent der Alten- und Krankenpfleger, dass sie ihren Beruf nicht bis zum Rentenalter ausführen können.
ERFAHRUNGEN EINER PFLEGEKRAFT: „Wir werden immer weniger Kollegen, aber wir haben immer mehr Patienten zu betreuen“, sagt die Berliner Intensiv-Krankenschwester Dana Lützkendorf, die zugleich Verdi-Mitglied ist. Die Patientenzahlen steigen, immer mehr hochspezialisierte Technik müsse überwacht werden. „Man denkt im Stationsalltag darüber nach, welche Arbeit man jetzt liegen lassen kann, damit man das Wichtigste am Patienten tun kann“, sagt die 41-Jährige. Leistungsspitzen seien Dauerzustand, entspannte Phasen selten. Die Folge: schlechtes Gewissen - den eigenen Ansprüchen könne man oft nicht gerecht werden. „Bei vielen Kollegen führt das dazu, dass sie unkonzentrierter sind und am Ende des Tages gar nicht mehr wissen: Was habe ich jetzt eigentlich gemacht?“