Tasten statt Stift: E-Klausuren auf dem Vormarsch

Mainz (dpa) - Sie sind schneller zu korrigieren und in manchen Fällen sogar fairer: elektronische Tests am Computer. Daher setzen viele Hochschulen auf E-Klausuren. Allerdings kann es rechtliche Probleme geben - und die Technik muss mitspielen.

Ein letzter Löffel Müsli, noch ein kurzes Tuscheln mit dem Nachbarn - dann starten die Medizinstudenten in den Abschlusstest eines Anatomiekurses. Aber statt mit Zettel und Stift kämpfen sich die Prüflinge per Mausklick durch die Fragen. Die Johannes Gutenberg-Universität in Mainz zählt bundesweit zu den Vorreitern bei E-Klausuren. Die Vorteile liegen nach den Worten von Vizepräsidentin Prof. Mechthild Dreyer auf der Hand. Mit dem deutlich geringeren Korrekturaufwand können auch große Teilnehmerzahlen bewältigt werden. Auch sei eine computerbasierte Auswertung in vielen Fällen objektiver und schneller.

Seit dem Wintersemester 2004/2005 werden in Mainz Prüfungen am Computer abgenommen, im Sommersemester 2013 waren es bereits rund 16 200 E-Klausuren. Die Gesamtzahl summiert sich schon auf 180 000. Rund 40 Prozent davon legten angehende Mediziner ab. „E-Klausuren eignen sich besonders gut, um Faktenwissen abzufragen“, sagt Dreyer. „Insgesamt muss es die Vielfalt an Prüfungsformen natürlich weiter geben, um die unterschiedlichen Kompetenzen abprüfen zu können.“

Wer auf Computer setzt, kann auch Opfer der Technik werden: Bei einer E-Klausur an der Universität Zürich ging im Januar der Server in die Knie - mehrere hundert Jurastudenten müssen den Test wiederholen. In Mainz habe es noch keine größere technische Panne gegeben, berichtet die Uni-Vizepräsidentin. Software und Hardware seien in den vergangenen Jahren immer besser geworden, zudem wurden juristische Fragen geklärt und Prüfungsordnungen präzisiert.

Die Computer im Mainzer Rechenzentrum wurden speziell präpariert, die Verbindung zum Internet etwa wurde gekappt. Jeder Prüfling muss seinen Personal- und Studentenausweis vorzeigen. Damit es für alle gleichzeitig losgeht, gibt es ein eigenes Prüfungskennwort. Für die Mediziner lautet es diesmal „Erfolg“. Dann ist nur noch das leise Klackern der Tastaturen zu hören, auf den Bildschirmen erscheinen anatomische Querschnitte menschlicher Organe. Bestimmte Regionen sind mit einem Pfeil markiert - die Studenten müssen sie mit Fachbegriffen benennen.

Möglich seien bei E-Klausuren auch Videos oder Audiodateien, erklärt Stefan Röhle vom Zentrum für Datenverarbeitung. Da die Prüflinge in dem Computerraum meist enger beisammen sitzen als etwa in einem großen Hörsaal, ist die Gefahr größer, dass mal jemand einen Blick zum Nachbarn riskiert. „Daher erscheint der Fragenpool in unterschiedlicher Reihenfolge auf dem Bildschirm“, erklärt Röhle.

Das Bundesbildungsministerium begrüße das Engagement von Hochschulen, bei Prüfungen auch neue Formate zu entwickeln, teilt ein Sprecher in Berlin mit. Mit Geld aus dem Hochschulpakt können die E-Prüfungen auch besser entwickelt, erprobt und optimiert werden.

An der Gießener Justus-Liebig-Universität etwa gibt es seit 2007 E-Klausuren für eher kleine Kurse, seit 2010 können mit einem mobilen Notebook-Pool auch größere Gruppen abgefragt werden. Zuletzt verzeichnete die Hochschule nach eigenen Angaben binnen eines Jahres ein Plus von 20 Prozent bei den E-Klausuren - Tendenz steigend.

Nicht überall sind die Erfahrungen so gut: Die Universität Hamburg hat ein E-Klausuren-Projekt wieder gestoppt. Grund seien die hohen Kosten und eine Vielzahl technischer und rechtlicher Fragen, berichtet eine Sprecherin. Die Nachfrage sei jedoch gestiegen, in Einzelfällen erprobe die Uni weiter elektronische Tests.

„Ich finde E-Klausuren angenehmer, ich arbeite gerne mit dem PC“, sagt der 26 Jahre alte Andreas nach der Prüfung in Mainz. Vor einer technischen Panne während des Tests hat er keine Angst. „Das ist so sicher, da passiert nichts.“

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