Größere Motivation: Fünf Jahre Bundesfreiwilligendienst

Ludwigshafen (dpa) - Hühner gackern, Ziegen blöken, Schafe meckern. Lautstark hallen die Tierstimmen über das Gelände der Jugendfarm Pfingstweide in Ludwigshafen. Dominik Veil steigt über das Gatter, greift sich etwas Stroh und ist sofort von einer Gruppe hungriger Schafe umringt.

Größere Motivation: Fünf Jahre Bundesfreiwilligendienst
Foto: dpa

„Die Arbeit mit den Tieren macht Spaß und ich kann hier viel selbst entscheiden und mir die Arbeit einteilen“, sagt der 23-Jährige, der auf der Jugendfarm seit September einen Bundesfreiwilligendienst(BFD) absolviert.

Veil ist einer von rund 40 000 „Bufdis“, die derzeit in ganz Deutschland ihren Freiwilligendienst leisten - in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Behindertenwerkstätten oder eben Einrichtungen der Jugendhilfe wie die Tierfarm in Ludwigshafen. Als die Politik vor fünf Jahren die Wehrpflicht abschaffte, fiel für junge Männer auch deren Ersatz - der Zivildienst - weg. Obwohl es mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) bereits einen Freiwilligendienst für beide Geschlechter gab, wurde der BFD ins Leben gerufen. Um das freiwillige Engagement weiter zu stärken, hieß es.

Veil war vor seinem BFD länger arbeitslos, eine Tischlerlehre hat er abgebrochen. „Der BFD ist super für mich, um wieder in die Arbeitswelt reinzukommen“, erklärt er. Doch die Motivationen für einen Freiwilligendienst können ganz unterschiedlich sein. „Viele machen das nach der Schule, wollen etwas Neues kennenlernen“, sagt Bundessprecherin Sondes Jriou, die selbst einen BFD in einer Pflegeeinrichtung in Karlsruhe macht.

Anders als der Zivildienst ist der BFD aber auch für ältere Teilnehmer offen. Sie können den Dienst auch in Teilzeit leisten. „Wir hatten hier schon eine Mutter, die für ihren BFD immer nachmittags bei uns war“, erzählt Pferdewirtin Sabine Kippenhahn von der Jugendfarm in Ludwigshafen. Durch diese Öffnung zeigt sich für Kippenhahn auch der größte Vorteil des BFD gegenüber dem bisherigen Pflichtdienst. „Die Leute sind viel motivierter - schließlich kommen sie freiwillig.“

Eine Erfahrung, die bei großen Trägern wie dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ähnlich gesehen wird. „Die Freiwilligen nehmen bewusster am BFD teil“, sagt DRK-Experte Matthias Betz. Ein großer Teil der BFDler engagiere sich zudem nach dem Dienst ehrenamtlich oder hauptamtlich weiter beim DRK. Der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler ergänzt: „Durch die Freiwilligkeit des Dienstes ist hier die Chance gegeben, junge Menschen für soziale Berufsfelder zu begeistern.“ Das Bundesfamilienministerium zieht deshalb eine positive Bilanz nach fünf Jahren BFD. „Freiwilliges Engagement ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält“, erklärte ein Sprecher.

Doch all das trifft auch auf den seit 50 Jahren bestehenden Freiwilligendienst zu, das FSJ. AWO und DRK hätten sich deshalb lieber einen Ausbau des FSJ-Programms gewünscht als einen zweiten Dienst. „Wir bedauern die Schaffung eines Parallelsystems und setzen uns für eine Gleichbehandlung beider Formate ein“, sagt Stadler von der AWO. Auch DRK-Experte Betz hält BFD und FSJ für „beinahe identisch“. Den Freiwilligen sei es deshalb meist völlig egal, welchen der beiden Dienste sie leisten.

Positiv gesehen wird das BFD-Sonderprogramm in der Flüchtlingshilfe. Das Ministerium hat dafür zusätzliche Plätze geschaffen - für Deutsche, aber auch für Flüchtlinge selbst. Rund 3000 Stellen in diesem Bereich sind besetzt, fast ein Drittel davon mit Flüchtlingen. Auch beim DRK werde das Angebot gut angenommen, sagt Betz. Er wünscht sich allerdings, dass künftig auch Geflüchtete mit einer Duldung an dem Programm teilnehmen dürfen.

Dominik Veil steht bei den Eseln Benedikt und Käthe und bürstet ihr Fell. Tierpflege, füttern und Ställe sauber machen - das beschäftigt ihn die meiste Zeit. „Ist nicht unbedingt abwechslungsreich“, gibt er zu. Spaß mache es trotzdem jeden Tag. „Ich habe hier vor allem die Chance, mich selbst kennenzulernen.“ Auch nach seinem Freiwilligendienst würde Veil im Bereich der Tierpflege gern weiterarbeiten. „Wenn nicht hier, dann klappt es ja vielleicht woanders.“

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