Arbeitswelt: Gar keine Rückmeldung ist die schlechteste Kritikform
Ohne „Feedback“ sind viele Mitarbeiter verunsichert. Doch auch Chefs brauchen hilfreiche Hinweise.
Düsseldorf. Rund jeder vierte Arbeitnehmer in Deutschland hat laut US-Forschungsinstitut Gallup innerlich bereits gekündigt. Ein wesentlicher Grund dafür sind mangelnde Rückmeldungen, im Geschäftsdeutsch „Feedback“: Meist gibt es gar keine und wenn, dann sind sie meistens mit negativen Nachrichten verbunden. Viele Mitarbeiter verunsichert und frustriert das, was sich umgehend auf das Betriebsklima und die Leistung des Teams auswirkt. Die Motivation nimmt ab.
„Von Ausnahmen abgesehen gibt es in deutschen Firmen keine echte Feedback-Kultur“, sagt Professor Stefan Süß (Foto), Wirtschaftspsychologe an der Universität Düsseldorf. Oft fehle die Zeit, zum anderen scheuten sich Mitarbeiter und ihre Vorgesetzten aber auch vor dem Austausch. Grund: „Obwohl es eigentlich ein neutraler Begriff ist, hat Kritik für viele Menschen einen negativen Beiklang. Das hängt damit zusammen, dass Kritikgespräche oft dazu da sind, Missstände anzusprechen, während die positiven Aspekte eher nachrangig sind“, analysiert Süß. Doch genau das kann zum Problem werden: „Gar keine Rückmeldung ist die schlechteste Form der Kritik, weil dann der Mitarbeiter interpretieren muss: Ist es negativ, positiv oder einfach nur Ignoranz.“
Der sinnvollste Ausweg aus der Zwickmühle seien festgelegte Termine, die beiden Seiten klarmachen: Das Gespräch findet auf jeden Fall statt. Dabei darf es aber nicht zur lästigen Pflicht werden: „Die Gestaltung eines ausgewogenen Gesprächs ist mitentscheidend dafür, dass das Gespräch auch einen langfristigen Nutzen für beide Seiten hat“, sagt der Wirtschaftspsychologe. Dazu gehöre vor allem, dass man nicht nur Vergangenes bewerte, sondern auch zukünftige Perspektiven anspreche. Süß rät zur Hartnäckigkeit: „Angestellte sollten auf einem Gespräch bestehen, auch wenn der Chef abgeneigt ist.“