Alles Käse – oder etwa nicht?

Anstatt Käse verwenden Speisehersteller ein Imitat. Es schadet nicht, doch es leitet Verbraucher in die Irre.

Düsseldorf. Er sieht aus wie Käse, schmeckt wie Käse, ist aber kein Käse: Ob zerlaufen auf der Pizza, goldgelb auf der Lasagne oder kross auf dem Käsebrötchen vom Bäcker - immer häufiger handelt es sich hierbei nicht um Käse, wie wir ihn kennen, sondern um sogenannten Analogkäse. Die Bestandteile: Eiweißpulver, Wasser, Pflanzenöl und Geschmacksverstärker.

Nicht nur die Zutaten sind billiger als beim herkömmlichen Käse, auch die Herstellung geht wesentlich schneller: Während echter Käse monatelang reifen muss, werden die Analogkäse-Bestandteile verrührt und erhitzt - in nur 20 Minuten entsteht eine cremige Masse. "Außerdem verhält sich dieses Käse-Imitat besser als Käse - zum Beispiel was das Schmelzverhalten angeht", sagt Dr. Peter Steinbüchel, Leiter des Amtes für Verbraucherschutz in Düsseldorf. So kann Analogkäse bis auf 400 Grad Celsius erhitzt werden. Echter Käse brennt schon bei 200 Grad an. Der Vorteil: Die Herstellung von Überbackenem geht doppelt so schnell.

Analogkäse ist nicht verboten und kann problemlos im Großhandel gekauft werden. Verboten ist aber, das deutlich billigere Pflanzenfett als Käse auszugeben. "Hier geht es ganz klar um die Irreführung des Verbrauchers", sagt Isabelle Mühleisen, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Denn auf vielen Packungen, die in den Supermarktregalen stehen, finden sich Schlagwörter wie "überbacken" oder "Pizzabelag" - "und der Verbraucher geht dann natürlich davon aus, dass es sich hierbei um Käse handelt", sagt die Ernährungsexpertin.

Tatsächlich aber müsse man sich aus der Zutatenliste die einzelnen Bestandteile mühsam heraussuchen. Findet der Verbraucher dort Pflanzenfett oder Milcheiweiß, müsse er davon ausgehen, dass es sich um Analogkäse handelt, sagt Isabelle Mühleisen. "Es muss aber auf den ersten Blick erkennbar sein, was es ist. Deshalb fordern wir eine klare Kennzeichnungspflicht." Während im Supermarkt eine Zutatenliste hilft, ist es für den Verbraucher in Imbissbuden, Restaurants oder beim Bäcker fast unmöglich, den falschen Käse zu entlarven.

Immerhin scheint der Analogkäse nicht die Gesundheit zu gefährden. "Da kann man nicht meckern", sagt die Ernährungsexpertin. "Der Gesundheit wird nur dann geschadet, wenn der Verbraucher bestimmte Zusatzstoffe nicht verträgt."

Max Wiedemann, Chef des deutschen Unternehmens "Jeneil" - weltweit führender Hersteller von natürlichen Käsearomen - erklärt: Da Analogkäse keine tierischen Milchfette enthalte, sondern nur Milcheiweißpulver und Pflanzenfett, sei er cholesterinverträglich und laktosefrei. "Trotzdem wird der Verbraucher ganz klar getäuscht", sagt Steinbüchel, und dagegen geht das Amt für Verbraucherschutz in Düsseldorf vor.

Jedes Jahr werden bis zu 4500 Betriebe kontrolliert. Gefunden wurde Analogkäse im vergangenen Jahr nur in etwa zehn Fällen. Doch Steinbüchel geht davon aus, dass die Zahl in den kommenden Jahren steigen wird. Alle zu erwischen, wird jedoch nicht einfach. "In Deutschland gibt es 1200 Lebensmittelkontrolleure zu wenig", sagt Martin Müller, Vorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure. Derzeit arbeiten hierzulande 2300. Und so werden wahrscheinlich immer mehr Verbraucher Analogkäse essen, ohne es zu wissen.

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