1,68 groß – 40 Kilo leicht

Angehörige von Magersüchtigen fühlen sich meist hilflos. Oft suchen sie die Schuld bei sich selbst.

Düsseldorf/ Mettmann. Elke B. ahnte nichts Böses, als ihre Tochter Naomi (alle Namen von der Redaktion geändert), damals 14 Jahre alt, verkündete: "Ich will abnehmen." Doch aus der harmlosen Diät wurde eine gefährliche Magersucht. Naomi, heute 17, hungerte sich bei einer Größe von 1,68 Metern auf 40 Kilo runter. Klinikaufenthalte, Psychotherapien - bis heute half nichts.

Im Leben der Familie aus Mettmann dreht sich längst alles um Naomis Krankheit. Elke B. und ihr Mann verbringen viel Zeit damit, sich über das Thema Essstörungen zu informieren, mit Experten zu sprechen. "Ich weiß, dass wir dadurch unsere andere, 15-jährige Tochter oft vernachlässigen", sagt B.

Das Ehepaar hat sich von Freunden abgekapselt. "Wie kann man sich entspannen, wenn das eigene Kind vor den Augen verhungert?", sagt Elke B. Nicht nur das: "Ich habe Angst, dass sie mich schief angucken, denken: ’Die hat einiges in der Erziehung falsch gemacht’", gibt B. zu.

Was Elke B. beschreibt, ist für Dieter Stürmann kein Einzelfall. Der Psychologe berät Betroffene von Essstörungen und deren Angehörige im Düsseldorfer Zentrum für Essstörungen (Düzess). Er weiß: "Die Angehörigen leiden wie die Betroffenen. Sie fühlen sich hilflos und denken, dass sie etwas tun müssen. Doch Sätze wie ’Iss doch was’ bringen nichts. Dadurch ziehen sich die Erkrankten nur weiter zurück."

Hinzu kämen Schuldgefühle. "Eltern junger Patienten müssen sich klar machen, dass Magersucht viele Ursachen hat. Der Einfluss der Erziehung ist nicht so groß, wie man oft denkt", so Stürmann.

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