Grün! 2018 NATÜRLICH ÜBER DEN TOD HINAUS

Immer mehr Menschen und Angehörige wünschen sich eine Bestattung, die der Umwelt nicht schadet. Die Unterschiede zu herkömmlichen Bestattungen sind oft klein, können aber in Summe große Wirkung entfalten. Denn in Deutschland werden jährlich über 900.000 Menschen zu Grabe getragen.

Die Ökobilanz eines Produktes untersucht die Umweltbelastungen und -verbräuche „von der Wiege bis zur Bahre“, also die Herstellung, den Gebrauch und die Entsorgung eines Produktes. Doch wie steht es mit dem Menschen selbst? In den Niederlanden und England liegt es voll im Trend, nach und durch seine Beerdigung für die Umwelt möglichst verträglich ewig zu ruhen. In Schweden wird seit einigen Jahren Grabsteinrecycling betrieben. Auf ewig mit einem reinen Öko-Gewissen gebettet zu sein, wird auch für die Deutschen immer interessanter.
Dabei muss fein zwischen Öko- und Naturbestattung unterschieden werden. Die Ökologische Bestattung versucht den Naturverbrauch der letzten Ruhe, möglichst minimal zu gestalten. Bei der natürlichen Bestattung geht es darum, die Überreste des Verstorbenen möglichst naturnah, beispielsweise in Wäldern oder auf See beizusetzen.

Nach Auskunft des Bundesverbandes Deutscher Bestatter e.V. bleibt von 62 Prozent aller Verstorbenen nur Asche übrig. Damit liegt die Feuerbestattung weit vor der klassisch christlichen Erdbestattung, die nur noch etwas mehr als ein Drittel der Deutschen für sich präferieren. Das liegt einerseits an den Folgekosten, die eine Grabpflege nach sich zieht. Andererseits wird der Trend der Kremation aber auch durch moderne Bestattungsriten befeuert. Für Wald- und Seebestattungen ist eine Einäscherung zwingend erforderlich. Der Transport zu einer extravaganten Ruhestätte ist aber immer mit Emissionen durch den Transport verbunden. Wer der Natur als Leiche wenig zur Last fallen möchte, verzichtet lieber darauf. Denn auch bei der Suche nach der letzten Ruhe gilt: regional denken. Der ökologische Mehrwert liegt auch hier im Verzicht auf Überflüssiges.

Unabhängig von der Bestattungsart kommt dem Sarg und den Beigaben eine Schlüsselrolle zu. Heute gibt es Särge aus Zellulose, Weidengeflecht oder anderen schnell abbaubaren Stoffen. „Alle Materialien, die mit in das Grab eingebracht werden, sollten eine ähnliche Abbaubarkeit besitzen wie der Leichnam selber. Das sind gemäß der Ruhepflicht 25 bis 30 Jahre“, erklärt Stephan Neuser vom Bundesverband Deutscher Bestatter e.V. „In Nordrhein-Westfalen ist das auch gesetzlich geregelt.“ Die ökologische Vernunft und das Bestattungsgesetz gebietet also gleichermaßen einen Sarg aus reinem massivem Holz, möglichst geölt und nicht lackiert, frei von Kunststoffapplikationen und Metallbeschlägen. Die Matratze für die letzte Ruhe gibt es aus Maisstärke, das Totenhemd sollte aus reiner Baumwolle bestehen.
Wie bei allen anderen Produkten auch, ist es sinnvoll den Bestatter nach einem Sarg aus regionaler Produktion zu fragen. Diese haben eine bessere Ökobilanz als billige Massenware aus Fernost und können oft auch bei der Trauerbewältigung besser helfen, so ein Bestatter aus Wuppertal, der nicht namentlich genannt werden möchte.
Seiner Darstellung zufolge, sieht die Praxis der letzten Ruhe oft erheblich anders aus, als es das Gesetz vorsieht. Dies hat jedoch einen ernsten Hintergrund. „Die erste Aufgabe des Bestatters ist es, die Angehörigen gut durch die Trauerphase zu begleiten“, ist der Bestatter überzeugt. „Wünschen sich diese eine Beisetzung im Trainingsanzug aus Kunstfaser oder dass der Tote seine Lieblingsschuhe mit Gummisohlen nun für immer tragen soll, wird solchen Wünschen oft entsprochen, da sie den Abschied erleichtern.“ Das ist nachvollziehbar, reduziert die ökologische Verträglichkeit einer Bestattung jedoch erheblich. Es obliegt also den Angehörigen, keine Wünsche wider der natürlichen Verrottung zu äußern. Ein Anspruch, der im Ausnahmezustand eines Trauerfalls, nicht immer Platz findet. Eine konkrete Ansprache durch die Bestatter, die ökologische Alternativen aufzeigen können, ist noch nicht sehr weit verbreitet.

Bei der Verbrennung achten die Krematorien selbst darauf, dass nichts in die Brennkammer kommt, was auch später in der Urne nichts zu suchen hat. „Das Holz der Särge ist entscheidend für die richtige Temperatur des Verbrennungsprozesses“, erklärt die Leiterin des Bergischen Krematoriums Ulrike Ludwigs. „Daher können wir mit den Pappsärgen aus Zellulose, die seit einiger Zeit bei Erdbestattungen Verwendung finden, hier nicht arbeiten.“ Die Feuerhalle verpflichtet alle Bestatter, nur unbehandelte Massivholzsärge aus Kiefer oder Fichte anzuliefern. Dann steht einer Lagerung der Asche in ebenfalls biologisch schnell abbaubaren Urnen nichts mehr im Wege.
„Wir unterliegen sehr strengen gesetzlichen Regelungen zur Luftreinhaltung. Sollten wir diese nicht einhalten, werden wir, wie jeder andere Betrieb auch, umgehend stillgelegt“, erklärt Ludwigs. Damit dies nicht geschieht, haben die Krematorien massiv in Umwelttechnik wie Filteranalgen investiert. Einen Skandal wie bei den Dieselautos wird es in dieser Branche nicht geben. Entscheidender Nachteil der Einäscherung ist ihr hoher Energieverbrauch. Eine saubere Verbrennung benötigt 1000 Grad Celsius oder mehr und die meisten Krematorien feuern mit Erdgas. Alle Schadstoffe, die die Technik hier aufwändig aus den Rauchgasen herausfiltert, landen bei einer Erdbestattung früher oder später im Grundwasser. Denn ein Leichnam enthält etwa 40 Liter Wasser, welches zusammen mit allen Medikamentenresten und angereicherten Umweltgiften in den Untergrund sickert.
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten, sich zur letzten Ruhe zu betten. Von Almwiesen- bis hin zur Weltraumbestattung ist alles möglich. Letzteres ist, aufgrund des Energieaufwands, aber mit Sicherheit die unökologischste Variante.
Immer wird bei einer Beerdigung die Summe eines Menschenlebens zu Grabe getragen. Die Folgen davon nimmt jeder unabdingbar mit ins Grab. Es hat aber jeder selber in der Hand, den Rest auf möglichst naturverträgliche und schlicht ökologisch vernünftige Art zu gestalten und so seinen Beitrag zum ewigen Kreislauf „Erde zu Erde, Asche zu Asche“ zu leisten.
Christian Höher

Pappsärge aus Zellulose oder anderen Naturmaterialien sind für Erdbestattungen eine schnell abbaubare Alternative. Es obliegt dem Bestatter, die dafür benötigte Sondergenehmigung des Landes einzuholen. Denn üblicherweise sind bei Erdbestattungen in NRW nur Holzsärge zugelassen.

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