Zwist: Die Koalition hofft auf einen Neustart

Die Parteichefs wollen bei einem Gipfel den Streit beilegen. Die FDP stößt mit Steuerforderungen bei der Union auf Skepsis.

Berlin. Wo ist Angela Merkel? Die Koalition streitet seit Wochen über Entlastungen, Erscheinungsbild und Erika Steinbach. Von Teamgeist ist wenig zu spüren. Die Kanzlerin schweigt bisher.

Nun soll ein Krisentreffen her, das aus der Koalition aber niemand so nennen will. Am 17.Januar werden sich die drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Guido Westerwelle (FDP) und Horst Seehofer (CSU) in die Augen sehen, um dem Krach im Bündnis ein Ende zu bereiten. Die Unionsparteien wollen einen "Neustart".

Es ist nicht Merkels Art, das Muskelspiel der kleineren Partner durch ein Machtwort zu unterbinden. CSU-Chef Seehofer weiß das und nutzt das verschneite Wildbad Kreuth zehn Tage vor dem Spitzentreffen im Kanzleramt für eine Kampfansage an FDP-Chef Westerwelle. Hinter verschlossenen Türen sagt Seehofer nach Angaben von Teilnehmern: "Bei diesem Treffen werden wir die Ernüchterungsphase für Herrn Westerwelle einleiten."

Seehofer hat den mühsam erzielten Kompromiss des Dreierbündnisses von bis zu 24 Milliarden Euro Steuerentlastungen infrage gestellt. Er verweist darauf, dass die Union im Wahlkampf nur Steuersenkungen in Höhe von 15 Milliarden versprochen hat. "Und acht Milliarden sind in Kraft." Die "Leipziger Volkszeitung" berichtet, dass sich CDU und CSU schon auf Steuersenkungen lediglich im einstelligen Milliardenbereich verständigt hätten. Weitere Entlastungen seien nicht finanzierbar.

In Wildbad Kreuth ist NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zu Gast. Er will bei der Landtagswahl am 9. Mai sein Amt verteidigen und spricht von einem "Besuch bei Freunden". Er übt den Schulterschluss mit der CSU, zumindest was die Reihenfolge bei Steuerentlastungen angeht: Erst die Steuerschätzung Anfang Mai, dann die Entscheidung.

Rüttgers ärgert sich über die Inszenierung in der Politik. "Die Demokratie leidet darunter, dass so viele etwas werden wollen und so wenige etwas sind." FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger will er gleich den Wirtschafts-Nobelpreis verleihen, wenn sie wisse, wie man Ausgaben finanziere, ohne Einnahmen zu haben.

Die FDP beobachtet die Kreuther Tagung mit Verwunderung. Westerwelle habe beim Dreikönigstreffen der CSU die Friedenspfeife angeboten.

Dass Seehofer weiter gegen die Liberalen stichele, bewerten die Liberalen nicht als Entspannungssignal. So sind die Erwartungen der FDP zum "Neustart-Gipfel" am 17. Januar im Kanzleramt eher begrenzt. "Der permanente Zweikampf von Union und FDP um die gleiche Wählerklientel wird grundsätzlich bleiben", heißt es in der FDP-Spitze. "Wir sollten aber in ein ruhigeres Fahrwasser der Zusammenarbeit kommen."

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