Drama im Mittelmeer Wuppertaler Politiker Helge Lindh bei Flüchtlingen vor Maltas Küste

Valetta · Der Wuppertaler Bundestagsabgeordnete Helge Lindh ist an Bord der „Sea Watch 3“. Das Schiff, dessen Besatzung 32 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet hat und in der Nähe von Malta wartet, darf seit Tagen keinen Hafen anlaufen.

 Die „Sea Watch 3“, auf der sich derzeit 32 Flüchtlinge befinden. 	Foto: dpa

Die „Sea Watch 3“, auf der sich derzeit 32 Flüchtlinge befinden. Foto: dpa

Foto: dpa/Jib Collective

Valletta. „Wir dürfen Menschen nicht im Mittelmeer sterben lassen. Die Frage der Aufnahme von Geflüchteten kann und darf nicht auf dem Wasser gelöst werden.“ Helge Lindh, Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordneter, hat am Freitag für ein paar Stunden miterlebt, wie es sich anfühlt, auf einem Rettungsschiff zu sein. Mit einer Handvoll anderer Bundestagsabgeordneter von SPD, Grünen und Linken, sowie einer Europarlamentariern der Grünen hat er sich von Malta aus zur „Sea Watch 3“ bringen lassen.

Das Schiff hatte am 22. Dezember 32 Flüchtlinge, darunter drei kleine Kinder, drei unbegleitete Jugendliche und vier Frauen aus dem Mittelmeer gerettet. Seither bewegt sich kaum etwas, kein Hafen lässt das Schiff einlaufen. Weder Malta noch Italien wollen die privaten Seenotretter in ihren Häfen anlegen lassen, weil sich die EU-Staaten nicht auf eine Verteilung der Bootsflüchtlinge einigen können. Malta hat lediglich erlaubt, dass das tagelang in schwerem Wetter fahrende Schiff der privaten Hilfsorganisation immerhin in die Zwölf- Meilen-Zone um Malta mit dem dort etwas ruhigerem Seegang einfahren durfte.

 Helge Lindh an Bord der „Sea Watch 3“ 	Foto: Lindh

Helge Lindh an Bord der „Sea Watch 3“ Foto: Lindh

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Nun steht Helge Lindh mit seinem Mobiltelefon an Bord des 55 Meter langen Schiffes, die Küste Maltas in Sichtweite, und fühlt bereits Unwohlsein aufkommen. Was mehr mit dem schwankenden Schiff als mit dem weiteren Problem zu tun hat, das ihn an diesem Tag beschäftigt: Lindh gehört nämlich zu den Politikern, deren private Daten gehackt wurden. Trotz aufkommender leichter Seekrankheit ist ihm klar, um wie viel schlechter es den vorerst Geretteten auf dem Schiff geht. Diese sind ja nicht erst seit kurz vor Weihnachten auf dem Schiff den Kräften der Natur ausgesetzt, sondern haben auch dramatische Fluchtgeschichten hinter sich.

„Nun sind sie Kälte Stürmen, Seekrankheit und knapper werdenden Essens- und Trinkrationen ausgesetzt. Deshalb muss das Schiff umgehend einen sicheren Hafen zugewiesen bekommen“, fordert Lindh. Wenn es nicht schnell zu einer europäischen Lösung komme für die „Sea Watch 3“ und ebenso für das Schiff „Sea-Eye, das am vergangenen Wochenende 17 weitere Flüchtlinge aus dem Mittelmeer rettete und ebenfalls keinen Hafen anlaufen darf, dann müsse die Bundesregierung schnell tätig werden. Lindh appelliert an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und andere Verantwortliche in der EU: „Schauen Sie hin. Lassen Sie die Menschen nicht sterben. Erlauben Sie es denjenigen Städten, die ihre Bereitschaft bereits erklärt haben, die von Krieg Flucht und Vertreibung geschundenen Menschen aufzunehmen.“

In der Tat gibt es entsprechende Angebote aus deutschen Städten. So hatte etwa Marburgs Oberbürgermeister Thoma Spies einen Brief an Innenminister Seehofer geschrieben, die Aufnahme der Geretteten in Deutschland zu ermöglichen und sie der Stadt zuzuweisen. „Solange die Politik nicht in der Lage ist, den Menschen in ihren Heimatländern eine sichere, friedliche und auskömmliche Existenz zu sichern, solange ist es unangemessen, die Augen vor den Konsequenzen zu verschließen. Und solange ein Teil unseres Wohlstands an Armut und Unterdrückung in anderen Ländern hängt, solange ist das Schicksal von Menschen in Not auch unsere Verantwortung“, betonte SPD-Mann Spies in seinem Brief an den Innenminister.

Die Bundesregierung müsste zustimmen, und dann, so hofft Lindh, werde Malta dem Schiff auch eine Landeerlaubnis geben. Der Wuppertaler sieht auch das Interesse Maltas, das nicht der einzige sichere Hafen Europas sein wolle. Europa sei gefragt. Und nicht nur in diesem Fall, mahnt Lindh, der gegen die starken Windgeräusche an Bord in sein Mobiltelefon rufen muss: „Das wird nicht der letzte Fall gewesen sein, es drohen weitere. Man braucht auch dauerhaft einen Weg, dass wir nicht jedes Mal wieder solche Dramen auf dem Wasser erleben.“ Es könne nicht sein, dass all das der privaten Seenotrettung überlassen bleibe, und diese dann auch noch bei ihren Aktivitäten zur Rettung von Menschenleben am Rande der Kriminalisierung stehe.

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