Klimapolitik Wuppertal Institut fordert das Aus für die „autogerechte Stadt“

Klimapolitik nur mit CO2-Preis reicht nach Ansicht der Experten nicht aus. Der Staat müsse den Handlungsrahmen neu setzen.

 Autos stauen sich in der Großstadt. Das dürfe es bald nicht mehr geben, sagt das Wuppertal-Institut.

Autos stauen sich in der Großstadt. Das dürfe es bald nicht mehr geben, sagt das Wuppertal-Institut.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, muss die Politik nach Ansicht des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie mehr tun, als einfach nur Kohlendioxid (CO2) teurer zu machen. „Eine mutige CO2-Bepreisung ist überfällig. Sie ist aber nicht das ultimative Instrument der Klimapolitik“, sagt Uwe Schneidewind, der Präsident des Instituts, im Gespräch mit dieser Zeitung. Zusätzlich müsse die Politik den Handlungsrahmen neu setzen.

Als Beispiel nennt Schneidewind den Verkehrsbereich. Dort könne ein CO2-Preis zwar den Umstieg auf alternative Motorkonzepte wie Elektrofahrzeuge beschleunigen. Mindestens ebenso wichtig sei aber ein Paradigmenwechsel. „Die städtische Verkehrsplanung muss weg von der autogerechten Stadt“, so der Ökonom. Fuß- und Fahrradverkehr sowie der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) müssten massiv gefördert werden.

Im ländlichen Raum sei dies sogar eine Gerechtigkeitsfrage, denn dort lebende Menschen könnten höhere Spritpreise überhaupt nur dann vermeiden, wenn es entsprechende ÖPNV-Angebote gebe. „Eine CO2-Steuer kann helfen, solche Maßnahmen zu finanzieren. Sie setzt aber von sich keine Anreize zu alternativer Verkehrsplanung“, sagt Schneidewind.

CSU-Chef Söder hält CO2-Preis für „die schlechteste Lösung“

Kommt der CO2-Preis, trifft er im Gebäudebereich laut Wuppertal Institut auch die Mieter. Sie könnten den höheren Kosten nur ausweichen, wenn sie weniger heizen oder kalt duschen. Helfen würde den Mietern eine energetische Sanierung des Gebäudes, also eine neue Heizungsanlage oder eine bessere Dämmung. „Doch für Hausbesitzer sind die Anreize unzureichend“, urteilt Schneidewind. Die Politik müsse durch deutlich mehr Förderung gezielt eingreifen, „denn nach wie vor wird in Deutschland viel zu wenig saniert“, so der Wissenschaftler.

Bis zum 20. September will sich die Bundesregierung auf ein Paket für mehr Klimaschutz einigen. Das Ziel ist klar: Der Ausstoß des Klimakillers CO2 muss sinken. Einig sind sich Union und SPD darin, dass Kohlendioxid-Emissionen verteuert werden sollten. Ein höherer Preis für Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas soll klimafreundliche Technologien auf den Weg bringen und die Verbraucher zum Sparen ermuntern. Umstritten ist allerdings, ob es eine CO2-Steuer geben wird oder eine andere Form der Bepreisung – etwa ein Handel mit Zertifikaten.

CSU-Chef Markus Söder und Teile der CDU halten die von der SPD geforderte Steuer für „die schlechteste Lösung“. Es gehe nur um die Höhe der Einnahmen, aber nicht darum, welche Menge CO2 verbraucht wird. Besser ist laut Söder der Handel mit Zertifikaten: Unternehmen, zum Beispiel Raffinerien, müssen dann für die fossilen Brennstoffe, die sie auf den Markt bringen, Genehmigungen vorweisen. Mit diesen Zertifikaten können sie handeln, die absolute Menge wird festgelegt und Stück für Stück verknappt – entweder sinkt der Spritverbrauch oder der Preis steigt.

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