Washington – Stadt im Ausnahmezustand

Der Amtsantritt des neuen US-Präsidenten wird von den strengsten Sicherheitsmaßnahmen der Geschichte begleitet.

Washington. Es sind die massivsten Sicherheitsvorkehrungen in der US-Geschichte: Wenn am kommenden Dienstag Barack Obama am Fuße des Kapitols in Washington als 44. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wird, wird die US-Hauptstadt einer Festung gleichen. Obwohl Organisatoren mit einem Ansturm aus allen Ecken der USA rechnen, droht vielen Besuchern eine Enttäuschung. Denn nur die wenigsten werden Obama zu Gesicht bekommen, für die meisten der erwarteten Millionen Besucher wird an der abgeriegelten Sicherheitszone Schluss sein.

Zwei Attentate gegen Obama waren im Sommer bereits vereitelt worden. Deshalb gelten bei der Amtseinführung strengste Sicherheitsbestimmungen. Noch-Präsident Bush hat die US-Hauptstadt von Samstag bis Mittwoch zum Notstandsgebiet erklärt. Vorbereitet ist der Geheimdienst auf jede Gefährdung, vom bewaffneten Amokläufer bis hin zum sorgfältig ausgetüftelten Terroranschlag.

Zu den simpleren Vorkehrungen zählt das Abtasten und Durchsuchen jeder einzelnen Person im Umkreis von 100 Straßenblocks vom Kapitol. Wer einen der begehrten Stehplätze entlang der traditionsreichen Paraderoute ergattert, auf der die Obama Familie nach der Vereidigung in einer Kolonne schwer gepanzerter Limousinen vom Kapitols über die Pennsylvania Avenue langsam zu ihrem neuen Wohnsitz rollen werden, hat es deutlich schwerer. Rucksäcke sind ebenso streng verboten wie Klappstühle, Regenschirme oder Thermosflaschen sowie sämtliche Metallgegenstände.

Dass selbst Kinderwagen an dem historischen Tag aus der Stadt verbannt sind, hat Elternorganisationen auf die Barrikaden getrieben. "Wir haben schon vor einem halben Jahr die Flüge nach Washington und die sündhaft teuren Hotelzimmer gebucht, um dieses historische Ereignis mit unseren kleinen Kindern live zu erleben", schimpft Mutter Shirley Wilson aus Chikago. "Doch nun müssen wir mit unserer Einjährigen im Hotel bleiben. Familienfreundlich ist das nicht gerade von einem Präsidenten, der doch angeblich alle Menschen einbeziehen wollte." Geholfen hat der Protest nicht, die Sicherheit des Präsidenten geht vor.

Deshalb ist auch das Militär im Einsatz: Der Luftraum ist in einem Radius von 40 Kilometern um Washington gesperrt. Sollte eine Maschine in die Sperrzone eindringen, würde sie innerhalb von Sekunden von Kampfflugzeugen der US-Luftwaffe abgefangen. Aus dem Nachbarstaat Virginia sind sämtliche Zufahrtsstraßen nach Washington gesperrt, und auf dem Potomac Fluss werden Sonderheiten der US-Küstenwacht postiert sein, um die Wasserwege rund um die Hauptstadt zu kontrollieren. Zudem wird die Innenstadt mit der modernsten Sicherheitstechnologie kontrolliert, darunter Sensoren, die Sprengstoffe aus mehr als hundert Meter aufspüren.

Koordiniert wird all das von einer "Kommandozentrale" im Norden Virginias, die mit Topagenten des Secret Service, des FBI sowie vier Dutzend weiterer Behörden bemannt ist. Von der Zentrale, wo als Generalprobe für den Krisenfall Kriegsspiele durchgeführt wurden, können in Sekundenschnelle Einsatzbefehle sowohl für die 4600 Polizisten als auch die bereitstehende Nationalgarde sowie das Militär gegeben werden. "Es ist wie unsere eigene WM", freut sich der FBI-Agent James Rice auf das Großereignis. "Wir haben das beste Aufgebot, die besten Leute an Bord, und wir werden am Dienstag auf jeden Fall sicherstellen, dass alles glatt über die Bühne geht."

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