Koalition Was die Ampel-Pläne kosten und was sie bringen

Berlin · Die ersten Ampel-Pläne liegen auf dem Tisch. Doch was bedeuten sie konkret für Steuerzahler, Verbraucher, Firmen und Häuslebauer?

 Die Ampel-Pläne haben auch Folgen für Häuslebauer.

Die Ampel-Pläne haben auch Folgen für Häuslebauer.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Das Eckpunkte-Papier der Sondierer weist der Ampel den Weg für die Koalitionsverhandlungen. Schon jetzt lassen sich ­konkrete Folgen ablesen für Steuerzahler, Häuslebauer und Verbraucher.

Steuerzahler: Hier legt sich die Ampel fest im Sinne der FDP: „Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen.“ Damit wird es keine Vermögensteuer geben, die ein Schrecken für Familienbetriebe geworden wäre. Und: „Wir werden Steuern wie die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen“, sagen die Sondierer zu. Das Forschungsinstitut Ifo hat berechnet, was das bedeutet: „Ein Steuerkompromiss der Ampelkoalition könnte für die Bürger bis zu 16,4 Milliarden Euro Entlastung bringen.“ Dann müsste sich die SPD mit ihrem Tarif durchsetzen, was die Entlastung der unteren Einkommen angeht; die FDP müsste sich mit der Forderung nach einer kompletten Soli-Abschaffung durchsetzen. Zudem sollen Firmen Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung als Super­abschreibung geltend machen können.

Minijobber: Gute Nachricht für Familien, die eine Putz- oder Gartenhilfe suchen. Es wird leichter werden, einen Minijobber zu finden. Denn die Minijob-Grenze wird von 450 auf 520 Euro erhöht. So viel darf ein Minijobber künftig im Monat insgesamt verdienen, wobei er wie bisher auch mehrere Arbeitgeber haben darf. Der Minijobber darf künftig maximal zehn Stunden in der Woche arbeiten und muss Mindestlohn erhalten, den die Koalitionäre auf zwölf Euro erhöhen wollen. Die Midijob-Grenze, bis zu der reduzierte Abgaben gelten, soll von 1300 auf 1600 Euro erhöht werden.

Mindestlohn: Die Ampel will den Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde erhöhen. Derzeit liegt er bei 9,60 Euro. Damit will der Staat einmalig eingreifen, über künftige Anhebungen soll die Mindestlohn-Kommission entscheiden. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ist alarmiert: „Mit dem Eckpunktepapier ergibt sich insgesamt ein Anstieg des Mindestlohns um 36 Prozent binnen vier Jahren. Negative Folgen für die Beschäftigung im Bereich einfacher Tätigkeiten sind wahrscheinlich“, sagt IW-Geschäftsführer Hans-Peter Klös.

Häuslebauer: Konkret wird es beim Thema Solardach. So werden Investoren verpflichtet, gewerbliche Neubauten künftig mit einem Solardach auszustatten. Für private Hausbauer soll es, anders als von den Grünen gewünscht, keine Pflicht geben. „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden“, heißt es. Um Schwarzkäufe zu verhindern, soll ein Verbot des Immobilien-Kaufs mit Bargeld erlassen werden.

Kohle-Beschäftigte: Die Ampel will den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen. „Niemand wird ins Bergfreie fallen“, verspricht die Ampel. Das Anpassungsgeld, mit dem die Brücke zwischen Entlassung und Rente geschlossen wird, soll entsprechend erhöht werden. Noch unklar ist, was es heißt, wenn künftig nicht mehr RWE, sondern eine neue Stiftung für die Renaturierung zuständig ist.
Privatpatienten müssen sich keine Sorgen machen: „Die gesetzliche und die private Kranken- und Pflegeversicherung bleiben erhalten“, heißt es im Ampel-Papier. Damit wird es die von Grünen und SPD gewünschte Bürgerversicherung nicht geben, die bestehenden Privat-Tarife bluten nicht (weiter) aus. Es bleibt aber abzuwarten, ob Grüne und SPD in den Koalitionsverhandlungen einen Zuschuss von der privaten an die gesetzliche Krankenversicherung verlangen, um dieses Kapitel gesichtswahrend schließen zu können.

Hartz-IV-Bezieher: Anstelle der Grundsicherung will die Ampel ein Bürgergeld einführen. „Ein Bürgergeld anstelle von Hartz IV einzuführen ist ein weder realistischer noch erforderlicher Systemwechsel in der Grundsicherung“, warnt IW-Geschäftsführer Klös. So will die Ampel Teile der Agenda 2010 zurückdrehen: „Während der Corona-Krise galten großzügige Regelungen zum Schonvermögen und zur Überprüfung der Wohnungsgröße. Wir prüfen, welche dieser Regeln wir fortsetzen wollen“, heißt es.
Rentner: Die Koalitionäre wollen das Mindestrentenniveau bei 48 Prozent sichern und das Rentenalter nicht erhöhen. Damit müssen die Rentenbeiträge kräftig steigen – oder der Bundeszuschuss. „Das bedeutet eine demografisch unzureichende Rentenpolitik“, warnt Klös. Die Reform der privaten Altersvorsorge reiche nicht aus, um das zu neutralisieren. So wollen die Koalitionäre einen öffentlichen Fonds schaffen, in dem jeder künftig automatisch einen privaten Renten­vertrag abschließt – es sei denn, er entscheidet sich aktiv dagegen. Zugleich betont die Ampel: „Es gilt ein Bestandsschutz für laufende Riester-Verträge.“ Zur Förderung der privaten Vorsorge soll der Sparerpauschbetrag von 801 auf 1000 Euro steigen.

Bundeshaushalt: Die FDP hat sich durchgesetzt: Die Schuldenbremse bleibt. „Wir werden im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleisten“, so das Ampel-Papier. Allerdings summieren sich die Ankündigungen auf Milliarden, daher heißt es: Man wolle Haushaltsspielräume gewinnen, indem man überflüssige und klimaschädliche Ausgaben und Subventionen überprüfe. Hier muss die Ampel ein dickes Brett bohren. FDP-Chef Christian Lindner nimmt die hohe E-Auto-Förderung ins Visier. „Mit nachhaltiger Finanzpolitik sind die Beschlüsse nicht vereinbar“, kritisiert Ifo-Chef Clemens Fuest.

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