Bundestagswahl 2017 Wahl-O-Mat-Analyse: So viel AfD steckt in der FDP

Professor Uwe Wagschal hat die Positionen der Parteien anhand der Fragen im beliebten Wahl-O-Mat untersucht. Nicht nur zwischen AfD und FDP hat er bemerkenswerte Übereinstimmungen gefunden. Ein Gastbeitrag.

Bundestagswahl 2017: Wahl-O-Mat-Analyse: So viel AfD steckt in der FDP
Foto: Fotos: FDP/dpa; Combo: WZ

Freiburg. Die wichtigste Frage im „Kanzler Game of Thrones“ — Wer gewinnt die Wahl? — hat Angela Merkel nach allen Umfragen schon so gut wie für sich entschieden. Obwohl CDU/CSU deutlich vorne liegen, ist eine wichtige Frage aber dennoch offen: Wer bildet die Regierung, wer koaliert mit wem?

Üblicherweise koalieren Parteien, die sich auch inhaltlich nahe stehen. Eine Möglichkeit, diese Nähe zu bestimmen ist es, den Wahl-O-Mat zu befragen, der für seine Nutzer nicht nur eine Wahlhilfe ist, sondern der in Form der angebotenen Thesen indirekt auch die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen beinhaltet. Wer also passt zu wem? Wertet man alle 38 Fragen des Wahl-O-Mat aus, dann sind sich Linke und Grüne am ähnlichsten. Fast 80 Prozent ihrer Positionen sind identisch. Das ist nicht überraschend: Seit Anbeginn des Wahl-O-Mat bei der Bundestagswahl 2002 ist die Links-Grüne-Kombination immer die Ähnlichste.

Dennoch ist diese Nähe ein bemerkenswerter Kontrast zum Grünen Spitzenpersonal Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, die eher bürgerlich und CDU-nah wirken. Inhaltliche Unterschiede gibt es vor allem bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Während die Linke gegen Leiharbeit ist, befürworten die Grüne diese. Dagegen ist die Linke für einen abschlagsfreien Renteneintritt nach 40 Beitragsjahren, während die Grünen dieses ablehnen. Nicht unerwartet auf Platz 2: SPD und Grüne. Und auf Platz 5 liegt die Kombination Linke und SPD. Insgesamt sind sich die drei linken Parteien untereinander also doch ziemlich ähnlich.

Überraschend ist jedoch die große Übereinstimmung zwischen FDP und AfD, bei denen knapp 58 Prozent der Positionen gleich sind. Da verwundert es auch nicht mehr, warum etwa Christian Lindner sich inzwischen auch deutlich rechter positioniert als in der Vergangenheit, wo er zuvor Seit‘ an Seit‘ mit Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik stand. Inzwischen ist man aber eher enger Nachbar der AfD, gerade auch bei Steuer- und Wirtschaftsfragen: Keine Vermögensteuer, mehr Verteidigungsausgaben, keine Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Aber auch bei der Abschiebung von integrationsunwilligen Flüchtlingen sprechen sich die Liberalen wie die AfD gleichsam für einen harten Kurs aus.

Bemerkenswert: Bereits vor drei Monaten hatte man bei der NRW-Landtagswahl eine gleich hohe Übereinstimmung der FDP mit der AfD. Jedoch gab es seinerzeit noch über 72 Prozent Übereinstimmung mit der CDU. Inzwischen sind die Gemeinsamkeiten der FDP mit der CDU/CSU (52,6%) geringer als die mit der AfD.

Weniger überraschend sind dagegen die großen Abstände der linken zu den bürgerlichen bzw. rechten Parteien. Mit einer Ausnahme jedoch: CDU/CSU sowie SPD sind sich dieses Mal mit 55,3 Prozent Übereinstimmung sehr ähnlich. Insgesamt ist dies der vierthöchste Wert in den Daten. Der Blick in die Vergangenheit zeigt zudem, dass sich Union und SPD in ihren Antworten im Wahl-O-Mat seit 2002 nicht mehr so ähnlich waren wie heute. Auch das spricht für die Fortsetzung der Großen Koalition.

Von den 38 Wahl-O-Mat-Fragen gibt es sogar drei, bei denen sich die sechs voraussichtlich im Bundestag vertretenen Parteien völlig einig sind. So lehnen es alle — selbst die AfD — ab, dass Kindergeld nur an deutsche Familien ausgezahlt werden soll. Auch will keine der sechs Parteien, dass alle Banken verstaatlicht werden sollen, selbst die Linke nicht. Und schließlich sind alle Parteien der Meinung, dass der Völkermord Völkermord an den europäischen Juden weiterhin zentraler Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur sein soll. In dieser wichtigen Frage herrscht immerhin ein Grundkonsens.

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