Von Haifisch-Lächeln und einem Merkel-Basta

Nach einem schlechten Start kommt SPD-Herausforderer Steinbrück immer besser ins Spiel. Raab zieht seine Show ab.

Berlin. „Der Jackpot geht heute auf jeden Fall raus“, sagt Stefan Raab eine Viertelstunde vor Beginn des Duells in seiner Sendung. Dann geht er rüber ins Nachbarstudio, mal kurz Kanzlerkandidaten befragen. Die 300 000 Euro, die es bei „Absolute Mehrheit Spezial“ im Privatsender ProSieben zu gewinnen gibt, dürften Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Kandidat Peer Steinbrück allerdings kaum interessieren.

Kanzlerin und Herausforderer machen kurz vor Beginn des Schlagabtausches nicht den Eindruck, als ob sie nervös wären. Allerdings wird es gleich hart für Steinbrück. Der RTL-Journalist Peter Kloeppel spricht seinen Holperstart an und fragt ausgerechnet Merkel: „Tut Ihnen Steinbrück manchmal leid?“ Die Kanzlerin antwortet mit der gönnerhaften Feststellung: „Das hat Herr Steinbrück wirklich nicht nötig.“

Ihre Körpersprache ist offener als seine. Wenn er spricht, dreht sie sich zu ihm hin, schaut ihn offen an. Sie möchte, das merkt man, keine allzu harte Konfrontation aufkommen lassen. Er blickt sie kaum an und wenn, dann ziemlich streng.

In der Griechenland-Frage kommt es kurz zum direkten Duell. Steinbrück fragt Merkel, warum sie den Bürgern nicht die Wahrheit sage, dass Deutschland werde zahlen müssen. Sie kontert: „Wenn nicht Wahlkampf wäre, hätten Sie so nicht gesprochen.“ Und erinnert daran, dass die SPD den Rettungspaketen immer zugestimmt hat.

Ein wenig in die Defensive gerät sie, als sie nach der von Horst Seehofer vorgeschlagenen Autobahn-Maut gefragt wird. Steinbrück hakt ebenfalls mehrfach nach. Als es Merkel zu bunt wird, beendet sie die Debatte mit einem Federstrich: „Die Maut wird es mit mir nicht geben.“ So ein Basta ist neu bei ihr. Die Bayern-SPD schickte schon Minuten später eine Mitteilung raus: „Merkel kastriert Seehofer.“

Steinbrück wird mit zunehmender Sendezeit sicherer. Mit Raab liefert er sich am Ende einen kurzen, ironischen Schlagabtausch, in dem es darum geht, ob die SPD nicht doch nur Juniorpartner in einer großen Koalition wird. Beide grinsen sich dabei mit Haifischlächeln an.

Beim Thema NSA-Abhör-Affäre wirkt Steinbrück informierter. Eine Steilvorlage liefert ihm Raab dann mit der Frage, ob sein angekündigter Kampf gegen Steuerflüchtlinge nicht nur eine leere Drohung sei, weil Deutschland doch nichts tun könne. „Wieso nicht“, fragt Steinbrück zurück und listet ein kleines Steuerbetrugs-Bekämpfungsprogramm auf. Merkel mischt sich hier lieber nicht groß ein. Bei der Pflege grätscht sie allerdings dazwischen, als er ihr mal wieder vorwirft, nichts getan zu haben. „Also da möchte ich doch mal widersprechen“, holt Merkel aus, und stellt dann, ebenso sachkundig dar, was die Regierung bisher getan hat.

Inhaltlich sind beide Kandidaten exzellent vorbereitet. Schon nach kurzer Zeit stellt ARD-Moderatorin Anne Will etwas resigniert fest: „Wir hören hier längere Einlassungen, die nicht zwingend zu unseren Fragen passen.“ Allerdings, hier zieht jeder sein Programm durch. Auch die Journalisten. Als Merkel und Steinbrück ihr einstudiertes Schlussplädoyer gehalten haben, übernimmt die ProSieben-Live-Kamera und folgt Stefan Raab in sein Studio, wo es gleich weitergeht. Den Jackpot verteilen.

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