Bayern-Wahl „Viele frühere CSU-Wähler sind enttäuscht“

Berlin · Bei der Landtagswahl in Bayern am Sonntag drohen der CSU erheblich Verluste.

„Viele frühere CSU-Wähler sind enttäuscht“
Foto: dpa/Armin Weigel

Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Klaus Stüwe, der an der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt lehrt, hat der Dauerkonflikt zwischen Parteichef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder viele treue CSU-Wähler verschreckt. Auch die Politik der Kanzlerin trage zur Krise der Partei bei, so Stüwe im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Professor Stüwe, woher rührt die CSU-Krise?

Klaus Stüwe: Die Zustimmungsverluste für die CSU haben eine ganze Reihe von Ursachen, aber zwei Faktoren stehen im Vordergrund: Zum einen kann sich nun auch die CSU einem generellen Trend nicht mehr entziehen, der mit dem gesellschaftlichen Wandel vor etwa 40 Jahren begonnen hat und allmählich zu einer Schwächung der Volksparteien geführt hat. Davon ist ja auch die CDU und noch stärker die SPD betroffen.

Und zum anderen?

Stüwe: Es gibt bei vielen früheren CSU-Wählern Enttäuschung im Hinblick auf einzelne Politikfelder. Themen wie Zuwanderung, Dieselverbote oder Wohnungsmieten, bei denen der CSU in den letzten Monaten zum Teil wahrlich keine gute Figur gemacht hat, sorgen für Unzufriedenheit.

Welche Rolle spielt das CSU-Personal?

Stüwe: Dass weder der Parteivorsitzende Horst Seehofer noch Ministerpräsident Markus Söder derzeit besonders gute Zustimmungswerte bei den Wählern aufweisen können, macht die Situation für die CSU sicher nicht leichter. Der Dauerkonflikt zwischen den beiden, der sogar während des Wahlkampfs nur mit Mühe verdeckt werden konnte, sorgt inzwischen auch bei der treuen CSU-Basis für Unmut.

Schon jetzt scheint Seehofer als Schuldiger eines möglichen Wahldebakels ausgemacht zu sein. Mit Recht?

Stüwe: Seehofer hat in letzter Zeit viele Fehler gemacht. Man denke nur an seine verunglückte Rücktrittsdrohung im Zusammenhang mit seinem Masterplan Migration. Man hat manchmal den Eindruck, als ob er den politischen Instinkt, der ihm früher Erfolge gebracht hatte, inzwischen verloren hätte. Aber es gibt nie einen einzigen Schuldigen. Andere haben ebenfalls nicht immer glücklich agiert, inklusive Markus Söder. Dass zum Beispiel seine Anweisung, Kreuze in bayerischen Behörden aufhängen zu lassen, keine wahltaktischen Motive gehabt haben soll, nehmen ihm selbst viele konservative Christen nicht ab.

Wird Seehofer sich in seinen Ämtern halten können?

Stüwe: Warten wir das Wahlergebnis ab. Sicher dürfte sein, dass Seehofer im Alter von jetzt 69 Jahren sowieso keine lange politische Zukunft mehr haben wird. Sollte es zu dramatischen Verlusten der CSU in Bayern kommen, wird sich Seehofer nicht mehr lange im Amt des Parteivorsitzenden halten können. Auch seine Zeit als Innenminister wäre dann bald vorbei. Aber das ist derzeit alles noch Spekulation.

Inwieweit ist die Politik der Kanzlerin mitverantwortlich für die Probleme der CSU?

Stüwe: Bei jeder Landtagswahl geht es auch um Bundespolitik. Das ist in den Augen vieler Wähler nicht voneinander zu trennen. Die Politik der Kanzlerin, die vor allem im Bereich Zuwanderung in Bayern tief polarisiert, trägt ohne Zweifel zu den Stimmenverlusten der CSU bei. Dass sich mit der AfD eine Partei rechts von der CSU positionieren konnte, führen viele CSU-Anhänger unmittelbar auf Angela Merkel zurück.

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