Verdienen EU-Beamte zu viel Geld?

Die EU-Institutionen streiten um die korrekte Entlohnung der Eurokraten.

Brüssel. Ingeborg Gräßle ist empört: „Im diplomatischen Dienst der EU gibt es Leute, die haben 108 freie Tage im Jahr!”, wettert die CDU-Haushaltskontrolleurin im EU-Parlament. Antony Gravili ist auch empört. EU-Bedienstete, die 108 Tage freihaben?

„Kompletter Unsinn!”, sagt der Sprecher von EU-Kommissar Sefcovic. Sefcovic und Gräßle stehen auf gegenüberliegenden Seiten des Streits, der die EU-Institutionen nicht zum ersten Mal beschäftigt. Was ist für die rund 55 000 Mitarbeiter der europäischen Apparate angemessen?

Zum einen geht es um die Erhöhung der Gehälter für das Jahr 2011/12. Maßgeblich ist die Entwicklung der Gehälter im Öffentlichen Dienst in acht EU-Staaten und der Lebenshaltungskosten in Brüssel. Danach wäre ein Plus von 1,7 Prozent fällig. Doch die Mitgliedsstaaten weigern sich.

Die Kommission pocht hingegen auf Einhaltung der Bestimmungen, die niemand anderes als die Regierungen der EU-Länder selbst vereinbart haben. Sie hat den Ministerrat vor dem Europäischen Gerichtshof auf Freigabe der Gehaltsanhebung verklagt.

Die ist real eine Kürzung: Der Anhebung um 1,7 Prozent steht in Brüssel eine Geldentwertung von 3,6 Prozent gegenüber. Was die Änderung des Rechts anlangt, schlägt die Kommission ihrerseits ein Bündel von Maßnahmen vor, das zu jährlichen Einsparungen von über einer Milliarde Euro führen soll.

Das findet auch die gestrenge Haushälterin Gräßle grundsätzlch lobenswert. Die Vorschläge seien aber Stückwerk.

So würde es laut Gräßle dabei bleiben, dass manche EU-Diplomaten in Drittstaaten „praktisch nur eine Halbtagsstelle” bei voller Bezahlung (zwischen 2654 und 18 370 Euro im Monat) hätten. Der Haushaltskontrollausschuss verlangt mehr: Unter anderem sollen Außendienstlern eine Woche Urlaub gestrichen werden.

An den Zahlen der Abgeordneten Gräßle hegen manche Kollegen Zweifel. Federführend ist der Rechtsausschuss, die Beschlussvorlage erarbeitet Dagmar Roth-Berendt (SPD). Die hat am Vorschlag der Kommission wenig auszusetzen: „Das ist ordentlich gemacht.” Angesichts höherer Anforderungen — weitere Sprachkenntnisse, Einsätze im Ausland — würden die EU-Beamten lediglich „anständig bezahlt“.

Besondere Privilegien könne sie nicht erkennen. Schon jetzt könne die Kommission als Arbeitgeber mit ihren Angeboten in manchen Staaten kaum noch qualifizierte Kräfte nach Brüssel locken. „Mit dem, was die bieten — ein Engländer kommt dafür nicht mehr.”

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