Uniformierte belagern die Krim

Truppen marschieren auf. Doch niemand weiß genau, woher sie kommen. Die Lage ist explosiv.

Uniformierte belagern die Krim
Foto: dpa

Simferopol. Strände, Palmen, subtropische Idylle — die Krim hat als Ferienparadies der einstigen Sowjetunion viele schöne Orte aufzuweisen. Die Hauptstadt der zur Ukraine gehörenden Halbinsel, Simferopol, gehört eher nicht dazu. Wie vergessen von der Zentralregierung in Kiew liegt sie verwahrlost im Innern der Krim. Bröckelnde Häuser aus der Zarenzeit und heruntergekommene sowjetische Apartmentblocks dominieren das Bild. Durch die Machtübernahme pro-russischer Kräfte ist Simferopol schlagartig ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit geraten. Uniformierte patrouillieren. Die Lage ist angespannt, aber ruhig.

Auf den Straßen Simferopols ist es schwer in diesen Tagen, etwas Positives über die neue, pro-westliche Regierung der Ukraine zu hören. Raissa Gontscharowa, eine ältere Dame, verkündet, dass die Krim als Teil der Ukraine keine Zukunft habe. „Mit den Verbrechern in Kiew ist kein Staat zu machen“, schimpft sie.

Russische Medien berichten, dass die ukrainischen Soldaten in Scharen zu den pro-russischen Kräften überlaufen. An der Kaserne in Simferopol sind die Offiziere nicht bereit, dabei mitzumachen. „Mein Kommandeur ist in Kiew“, sagt einer von ihnen.

Augenzeugen berichten, dass die Offiziere am Morgen die Fahne der ukrainischen Streitkräfte eingeholt und die der autonomen Republik Krim gehisst haben. Später aber weht weiter die gelb-blaue ukrainische Staatsflagge über dem Stützpunkt.

Regionale russische Nationalisten haben sich mit militärischen Einheiten verbündet. Doch wer die Uniformierten sind, ist unklar: keine nationalen Symbole sind sichtbar. Kleine Gruppen Bewaffneter in neuen Tarnuniformen und Helmen patrouillieren mit Schnellfeuerwaffen vor wichtigen Gebäuden. Während die Männer auf Fragen mit Schweigen reagieren, liefern Tausende pro-russische Aktivisten eine Lärmkulisse, als sie durch die Stadt ziehen. Sie tragen eine russische Flagge durch die Straßen, sie skandieren „Russland“ und „Berkut“ (Steinadler). Das ist der Name der ukrainischen Sonderpolizei, die nach den blutigen Übergriffen auf Demonstranten von der neuen Regierung in Kiew aufgelöst worden war.

Die Machtdemonstration soll wohl auch dazu dienen, der Welt und vor allem der Führung in Kiew zu zeigen, wer heute auf der Krim das Sagen hat. Am Samstagmorgen hatte der neue moskautreue Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow erklärt, die Sicherheitskräfte der Halbinsel sollten nicht länger Befehle aus Kiew annehmen, sondern nur noch ihm gehorchen. Er beendete seine Erklärung mit einem Hilferuf an Russlands Präsidenten Wladimir Putin.

Die Antwort kam postwendend mit dem einstimmigen Votum des russischen Föderationsrates, der einen Militäreinsatz auf der Schwarzmeer-Halbinsel bewilligte. Und trotz der Versicherung des Kremls, dass Putin den Befehl für einen Militäreinsatz von der weiteren Entwicklung abhängig machen würde, stimmen die meisten Beobachter darin überein, dass der Einsatz schon im vollen Gange ist.

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