Ungarn: Populismus trifft Nerv der Wähler

Analyse: Konservativer Victor Orban wieder an der Macht. Die rechtsextreme Partei drittstärkste Kraft. Als Orban 2002 nach vier Jahren im Amt die Wahl verlor, beklagte er - ohne wirkliche Grundlage - "Wahlbetrug". Jetzt kehrt er mit einer Macht zurück, wie sie keinem Regierungschef in Budapest seit der Wende zugefallen war.

Budapest. Acht Jahre wartete der ungarische Rechts-Konservative Viktor Orban auf diesen Augenblick. Der Triumph seines Bundes Junger Demokraten (Fidesz) bei der Parlamentswahl am Sonntag in Ungarn wird ihn auf jenen Stuhl zurückbringen, den er nur widerwillig geräumt hatte: den des Ministerpräsidenten.

Als Orban 2002 nach vier Jahren im Amt die Wahl verlor, beklagte er - ohne wirkliche Grundlage - "Wahlbetrug". Jetzt kehrt er mit einer Macht zurück, wie sie keinem Regierungschef in Budapest seit der Wende zugefallen war. Orban und sein Fidesz werden nicht nur mit der absoluten Mehrheit und so ohne Koalitionspartner regieren können, sondern wahrscheinlich sogar mit einer Zweidrittelmehrheit, die Verfassungsänderungen erlaubt.

Mit seinen populistischen Wahlversprechen traf Orban den Nerv vieler Bürger. Im Wahlkampf versprach der Rechts-Konservative, die Wirtschaft des durch Rezession gebeutelten Landes "wieder auf Vordermann zu bringen".

Er kündigte Steuerkürzungen sowie die Schaffung von einer Million Arbeitsplätze an. 2008 musste Ungarn als erstes EU-Mitglied milliardenschwere Hilfspakete des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Union in Anspruch nehmen, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Es folgte eine rigide Sparpolitik des Amtsvorgängers Gordon Bajnai.

Der sehr dominanten Fidesz stehen drei Oppositionsparteien gegenüber: Direkt hinter dem großen Verlierern - der bisher regierende Sozialistischen Partei (MSZP), die seit 1994 einen Gegenpol zum jeweiligen rechten Lager darstellte, und deren Parlamentsfraktion jetzt auf ein Drittel reduziert ist (vorläufig 28 Sitze), kommt die rechtsextreme Jobbik (Die Besseren) - mit 26 Sitzen. Sie ist zum ersten Mal im Parlament vertreten.

Mit Hetze gegen die Roma und Äußerungen gegen die gesamte politische Elite fing sie die Stimmen vieler enttäuschter Wähler in dem von Korruption beherrschten Land ein. Auch der links-grünen Partei "Politik kann anders sein" (LMP) gelang erstmals der Sprung ins Parlament. Sie erwies sich als Rest-Sammelbecken für kritische Wähler. Von der politischen Bühne abgetreten sind hingegen zwei Parteien, die bei der Wende noch eine Schlüsselrolle hatten: das konservativ-liberale Ungarische Demokratische Forum und der links-liberale Bund Freier Demokraten.

Viktor Orban ließ bislang nicht erkennen, was er vorhat. Manche Kommentatoren in Ungarn befürchten, dass er sich von jenen autoritären Instinkten wird leiten lassen, die er in seiner ersten Amtszeit gezeigt hatte.

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