Köln Taschenkontrolle vor der Christmette - Kölner Dom im Ausnahmezustand

Nach dem Anschlag von Berlin ist manches anders. Vor der Christmette im Kölner Dom gibt es jetzt Taschenkontrollen durch die Polizei. Die Reaktionen der Gottesdienstbesucher fallen eindeutig aus.

Polizisten kontrollierten an Heiligabend in Köln am Eingang zum Dom die Taschen der Besucher.

Polizisten kontrollierten an Heiligabend in Köln am Eingang zum Dom die Taschen der Besucher.

Foto: Oliver Berg

Köln. Dumpf und feierlich läutet der „Dicke Pitter“, die größte frei schwingende Glocke der Welt im Südturm des Kölner Doms. Sie läutet zur Christmette. Doch in dieser Heiligen Nacht ist manches anders. Mehrere Polizeiautos parken auf der Domplatte, und Polizisten mit Maschinenpistolen bewachen das Hauptportal. Die anderen Eingänge sind geschlossen. Terrorangst.

Zum ersten Mal werden die Taschen der Gottesdienstbesucher kontrolliert. Wieviele es sind? „Mehrere tausend“, sagt Dompropst Gerd Bachner, der Hausherr des Doms. Genau weiß er es auch nicht. Aber bei einer Sache ist er ganz sicher: Taschenkontrollen gab es noch nie. „An das Bild muss man sich erst gewöhnen“, gesteht er.

Mit Taschenlampen leuchten die Polizisten in Tüten und Rucksäcke. „Da sind Weihnachtsgeschenke drin“, erklärt eine Frau. „Ist da auch was für mich dabei?“, scherzt der Polizist. Eine Frau trägt einen Klappstuhl unterm Arm. „Ich hab 'n Stuhl dabei, ist das in Ordnung?“, fragt sie. „Ich denke schon, damit können Sie ja nichts anstellen“, erwidert der Beamte. „Die Finger klemmen!“, kommt zurück.

„Sollen wir die Jacken auch ausziehen?“, erkundigt sich eine junge Frau beflissen. Eine andere kämpft mit dem Reißverschluss ihrer Handtasche. Ein Mann kommt mit einem ganzen Rollkoffer, der auch noch abgeschlossen ist. Ein anderer will mit Hund in das Gotteshaus, aber das verbieten die Domschweizer, die Ordnungshüter der Kathedrale in langen roten Roben.

„Toi-toi-toi“, sagt ein Mann in heller Jacke und klopft einem der Polizisten auf die Schulter. Von ihm gehe keine Gefahr aus, versichert er: „Ich war Messdiener unter Meisner.“ Joachim Meisner war früher hier Erzbischof.

Immer wieder wird den Polizisten „Frohe Weihnachten“ gewünscht. Martina aus Köln sagt: „Das finde ich gut, dass die hier stehen, das gibt einem ein Gefühl von Sicherheit.“ Stefanie und Richard aus Gütersloh haben erst noch gezögert, nach dem Anschlag von Berlin haben sie ein mulmiges Gefühl. „Aber jetzt gehen wir einfach rein, und dann ist gut“, sagt Stefanie.

Viele Gottesdienstbesucher kommen aus dem Ausland, sie werden von den Polizisten auf Englisch gebeten, ihre Taschen zu öffnen. „Wenn man sieht, wer hier so alles reingeht, das ist Multikulti pur“, sinniert Dompropst Bachner. Inzwischen glaubt er, dass er das Richtige getan hat. „Das zeigen mir die freundlichen Reaktionen.“ Polizeipräsident Jürgen Mathies und er hätten sich die Entscheidung nicht einfach gemacht, schließlich dürfe ein Gotteshaus keine Festung werden. Aber den Leuten sei offenbar bewusst, dass sie in anderen Zeiten lebten. Was früher vielleicht zu Irritationen geführt hätte, stoße jetzt auf Verständnis.

So sieht es auch die Polizei. „Die Grundstimmung ist positiv“, bestätigt eine Beamtin. „Sehr viele Leute kommen schon mit geöffneten Handtaschen hierhin.“ Die Maßnahmen, die zum Teil vorher in der Presse angekündigt worden waren, scheinen auch keine abschreckende Wirkung zu haben: Um 23.00 Uhr, eine Stunde vor Beginn der Christmette, ist schon kein Sitzplatz mehr frei.

Ein Polizist hält im Inneren Wache - ein ungewöhnliches Bild. Aber um Mitternacht gelten alle Blicke den Geistlichen, die mit einem großen Gefolge an Messdienern und umhüllt von einer Weihrauchwolke einziehen. Dann legt die Orgel los und füllt den riesigen Raum mit Musik. „Stille Nacht, Heilige Nacht“, singt der Chor, und die Gläubigen stimmen ein. Nun ist es doch fast wie immer.

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