Steinbrück setzt SPD unter Druck

Altkanzler Helmut Schmidt empfiehlt den Ex-Finanzminister als Kanzlerkandidaten. Parteilinke sprechen von einem „Egotrip“.

Berlin. Die SPD will sich von der Debatte um eine mögliche Kanzlerkandidatur des früheren Finanzministers Peer Steinbrück nicht unter Druck setzen lassen und die K-Frage frühestens 2012 klären.

Falls es nicht zu vorzeitigen Neuwahlen komme, werde er Ende nächsten Jahres oder Anfang 2013 für den Bundestagswahlkampf einen Vorschlag machen, sagte der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel am Montag in Berlin. Die Aussage von Altkanzler Helmut Schmidt, wonach Steinbrück in der Lage sei, eine Bundesregierung zu führen, halte er „für absolut richtig“.

Mit Blick auf einzelne kritische Stimmen vom linken Parteiflügel zur jüngsten Parteinahme des Altkanzlers für Steinbrück sagte Gabriel: „Es gibt eine große Ruhe und Gelassenheit in der Partei.“ Neben Steinbrück gelten auch Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als mögliche Kanzlerkandidaten der SPD, die inzwischen in Umfragen fast gleichauf mit der Union liegt.

Steinbrück habe in seiner Zeit als Finanzminister gezeigt, „dass Sozialdemokraten besser mit Geld umgehen können“, sagte Gabriel. Ebenso habe Steinmeier als Außenminister seine Fähigkeiten in der Bundesregierung unter Beweis gestellt. Ihre guten Sympathiewerte hätten auch damit zu tun, „dass die Menschen sich daran erinnern, dass man das Land auch in einer schweren Krise besser regieren kann als Frau Merkel mit den wechselnden FDP-Ansprechpartnern, die sie hat“, sagte Gabriel. „Das ist für die SPD eine ausgesprochen sympathische und hilfreiche Debatte“, sagte er mit Blick darauf, dass mehreren SPD-Kandidaten zugetraut wird, die Regierung zu führen.

Kritik an Steinbrücks Empfehlung durch Schmidt kommt von Vertretern des linken Parteiflügels. SPD-Vorstandsmitglied Ottmar Schreiner sagte der „Saarbrücker Zeitung“: „Peer Steinbrück kann seine Sachkenntnisse auch in anderen Funktionen einbringen.“ Juso-Chef Sascha Vogt sagte dem „Tagesspiegel“: „Ich verstehe nicht, was dieser Egotrip zu diesem Zeitpunkt soll. Kanzlerkandidaten werden nicht von Altkanzlern ausgerufen, sondern von der Partei bestimmt.“

Schmidt hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Günther Jauch“ bekräftigt, dass er Steinbrück für den richtigen Kandidaten halte. „Er ist einer von denen, die wirklich wissen, worüber sie reden“, sagte der 92-Jährige. Steinbrück (64) sagte, er werde sich zu der Kanzlerkandidatenfrage erst äußern, falls ihm der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel eine entsprechende Frage stellen würde.

Die Sendung sahen 5,61 Millionen Zuschauer. Das war für Jauch ein Bestwert, Kanzlerin Angela Merkel zog bei ihrem Soloauftritt zum Euro am 25. September nur 4,29 Millionen Zuschauer vor den Bildschirm. Der Auftritt von Schmidt und Steinbrück war Teil einer Werbekampagne für ihren am Donnerstag erscheinenden Gesprächsband „Zug um Zug“. dpa

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