Ukraine-Krieg Sorge um ukrainisches AKW: Russische Truppen auf dem Gelände

Kiew · In Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine spitzt sich die Lage um ein Atomkraftwerk zu. Inzwischen sind russische Truppen auf dem Gelände. Die Sorge ist international groß. Die Lage im Überblick.

 Ukraines Präsident Selenskyj wirft Putin vor, das AKW gezielt beschossen zu haben.

Ukraines Präsident Selenskyj wirft Putin vor, das AKW gezielt beschossen zu haben.

Foto: dpa/-

Ein Feuer auf dem Gelände des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja hat in der Nacht zum Freitag für Alarmstimmung gesorgt. Der britische Premier Boris Johnson spricht von einer direkten Gefährdung der Sicherheit ganz Europas und will eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates erreichen.

Russische Truppen auf dem Gelände des beschossenen AKW

Die russische Armee hat nach Angaben Kiews das Gelände des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja besetzt. "Das Betriebspersonal kontrolliert die Energieblöcke und gewährleistet deren Betrieb", teilte die ukrainische Atomaufsichtsbehörde am Freitag mit.

Selenskyj wirft Russland gezielten Beschuss von Reaktorblöcken vor

Nach dem Vorrücken russischer Truppen zu Europas größtem Atomkraftwerk in der Nähe der Großstadt Saporischschja brach ein Feuer in einem Gebäude der Anlage aus. Am Morgen wurde es nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums gelöscht. Gebrannt habe ein Trainingskomplex. Erhöhte Radioaktivität wurde nicht gemeldet.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem gezielten Beschuss von Reaktorblöcken durch russische Panzer. Energieminister Herman Haluschtschenko forderte ein Eingreifen der Nato. Der britische Premierminister Boris Johnson sagte, die „rücksichtslosen Aktionen“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin „könnten nun die Sicherheit ganz Europas direkt gefährden“. Er wolle „in den kommenden Stunden“ eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates erreichen. US-Präsident Joe Biden forderte Russland auf, militärische Aktivitäten im Gebiet um das Kernkraftwerk einzustellen.

Ukrainische Botschaft bittet um deutsche Kampfpanzer und U-Boote

Die ukrainische Botschaft in Berlin bittet die Bundesregierung um Lieferung weiterer Waffensysteme für den Kampf gegen die russischen Angreifer, darunter Kampfpanzer, U-Boote und Kampfflugzeuge. Das geht aus einer sogenannten Verbalnote der Botschaft an das Kanzleramt, das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Begründet wird die Bitte damit, dass Putin einen „Vernichtungskrieg“ gegen die Ukraine und die Ukrainer begonnen habe, in dem höchst moderne Waffensysteme eingesetzt würden - auch geächtete Waffen wie Kassettenbomben mit Streumunition.

Militärische Hotline zwischen Moskau und Washington

Das Pentagon hat wegen des Kriegs in der Ukraine eine neue Hotline mit Russland eingerichtet. Ziel sei, Fehleinschätzungen, militärische Zwischenfälle und Eskalationen zu vermeiden, teilte das US-Verteidigungsministerium auf Nachfrage mit. Die US-Regierung will keine Truppen in die Ukraine schicken. Sie ist aber besorgt, dass der Konflikt mit Russland auf Nato-Staaten übergreifen könnte.

Scholz fordert von Schröder Aufgabe von Russland-Posten

Nach der SPD-Spitze hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den früheren Regierungschef Gerhard Schröder dazu aufgefordert, seine Posten bei russischen Staatsunternehmen zu räumen. „Mein Rat an Gerhard Schröder ist doch, sich aus diesen Ämtern zurückzuziehen“, sagte Scholz in der ZDF-Sendung „maybrit illner“. Dies sei keine Privatsache. Zudem plädierte Scholz dafür, die Finanzierung des Büros des Altkanzlers aus Steuergeldern zu überprüfen.

Russlands Kreditrating sinkt weiter

Die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat Russlands Kreditwürdigkeit aufgrund der neuen westlichen Sanktionen weiter abgestuft. Die Bonitätsnote wurde angesichts gestiegener Ausfallrisiken der Anleihen von „BB+“ auf „CCC-“ gesenkt. Vergangene Woche hatte die Agentur die Bewertung in den sogenannten Ramschbereich für spekulative Anlagen abgestuft. Nun ging es weitere acht Stufen nach unten - das Rating liegt nur noch knapp über der Kategorie für Zahlungsunfähigkeit. Der russische Aktienmarkt bleibt am Freitag den fünften Tag in Folge geschlossen.

Flugticket-Giganten streichen Aeroflot aus Buchungssystemen

Die russische Fluggesellschaft Aeroflot verliert wegen des Krieges weitere wichtige Geschäftspartner. Mit dem US-Unternehmen Sabre und der spanischen Amadeus IT Group kappten zwei der größten Buchungssystemanbieter für Flugtickets am Donnerstag die Geschäftsbeziehungen zu der Airline. Sabre und Amadeus ermöglichen es Reisevermittlern, sowohl online als auch in ihren Läden Flugangebote zu vergleichen und für Kunden Tickets zu reservieren.

Google stoppt Werbegeschäft in Russland

Google setzt sein Anzeigengeschäft in Russland aus. Betroffen sei Werbung sowohl im Umfeld der Internetsuche als auch bei der Videoplattform Youtube, teilte der Konzern mit. Zuvor hatte Google nur bestimmte Anzeigen rund um den Krieg blockiert. Als weiteres Tech-Unternehmen stoppte der Apartment-Vermittler Airbnb seine Aktivitäten in Russland und auch in Belarus.

Das wird am Freitag wichtig

Die Außenminister der EU-Staaten kommen am Nachmittag erneut zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammen. Erwartet wird auch die Teilnahme von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und des US-Außenministers Antony Blinken. Abzuwarten bleibt, ob Boris Johnson eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates erreichen kann.

(dpa)
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