Satte 18 Prozent – ganz ohne „Projekt 18“

Die FDP profitiert von der Schwäche der Unionsparteien. Der wegen der Finanzkrise schon totgesagte Liberalismus – er lebt!

Berlin. Weniger Staat, mehr Markt: Dieses urliberale Credo hat in Zeiten einer umfassenden Finanzkrise, die verantwortungslose Turbo-Kapitalisten ausgelöst haben, keine Konjunktur. Im Gegenteil: Überall auf der Welt suchen Regierungen ihr Heil in weniger Markt und mehr Staat.

Der Bundesregierung geht es da nicht anders. Die SPD zeigte sich vor einigen Monaten noch überzeugt, dass die Krise für sie eine große Chance bedeuten könnte. Schließlich seien gerade jetzt sozialdemokratische Konzepte gefragt. Doch die Umfragen zeigen das glatte Gegenteil. Während die Sozialdemokraten im Stimmungstief verharren, erreicht die FDP Traumwerte. Verkehrte Welt!

Dass die FDP jetzt wieder an ihr altes "Projekt 18" erinnert wird, freut sie einerseits. Schließlich steigen die Chancen, nach der Bundestagswahl im September in die Regierung einzuziehen. Andererseits sind der Parteiführung Fragen lästig, ob denn bald wieder das "Guidomobil" aus der Garage gefahren wird oder ob sich Parteichef Westerwelle zum Kanzlerkandidaten ausrufen will.

So abwegig ist das ja nicht: Immerhin sind die Liberalen nur noch fünf Prozentpunkte von der SPD entfernt. Und für die Sozialdemokraten ist es ja (noch) ganz selbstverständlich, einen Kanzlerkandidaten zu benennen.

Nur: Das "Projekt 18" hat der FDP vor rund sieben Jahren das Etikett der Spaßpartei eingebrockt. Jetzt aber geht es um ernsthafte Rezepte gegen die Krise. Es wäre also ganz falsch, ein neues Projekt 18 auszurufen, wo das alte Ziel doch endlich zum Greifen nah ist.

Stattdessen singt Westerwelle sein altes Lied: Die Steuern müssen runter. Vor wenigen Wochen behauptete er noch in einem Interview mit unserer Zeitung, sinkende Steuern und weniger Staatsschulden seien kurzfristig miteinander zu vereinbaren - eine Behauptung, die zwar einfachen mathematischen Grundregeln nicht folgt, die Steuerzahler aber trotzdem gerne hören.

Es ist nicht die SPD, von der die FDP Zustimmung absaugt; es ist vor allem die CDU. Wer weiter auf mehr Markt setzen will, findet bei den Unionsparteien keine politische Heimat mehr und wendet sich darum der FDP zu. Allein ein neuer Ludwig Erhard könnte der Union helfen. Doch der ist weit und breit nicht in Sicht.

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