Sarkozy: Ein Hans Dampf und Plagegeist

In Brüssel sendet Präsident Nicolas Sarkozy irritierende Signale.

Brüssel. Wenn Frankreichs neuer Staatspräsident Nicolas Sarkozy in die EU-Hauptstadt kommt, dann ist ihm eines gewiss: allergrößte Aufmerksamkeit. Noch keine zwei Monate im Amt, hat "Super-Sarko" bereits mehrfach bewiesen, dass er sich auf dem Brüsseler Euro-Spielfeld genauso profilieren will wie zu Hause in Paris. Aber wofür steht der Europapolitiker Sarkozy? Mit seiner Absicht, Einfluss auf den Wechselkurs des Euro und damit auf die Europäische Zentralbank nehmen zu wollen, entfachte er in Euroland vorübergehend einen Sturm der Entrüstung.

Normalerweise bleiben die Finanzminister der Euro-Zone bei ihren Treffen unter sich. Dieses Mal jedoch war alles anders. Nicolas Sarkozy saß mit am ovalen Tisch des Justus-Lipsius-Ratsgebäudes. Das Staatsoberhaupt hatte sich - ein Novum - einfach selbst eingeladen, um den Euro-Finanzministern seine Vorstellungen von Haushalts- und Finanzpolitik darzulegen.

Es sind provokative Vorstellungen, weil sie abweichen von der erst kürzlich erzielten Verabredung der Finanzminister, die Neuverschuldung bis zum Jahr 2010 auf Null zu senken. Vorstellungen, die die Gralshüter der EU-Finanzpolitik zudem als einen rüden Anschlag auf den "heiligen" Stabilitätspakt werten.

Unbestreitbar ist, dass Frankreich große Schwierigkeiten hat, seine Finanzen rasch zu konsolidieren. Für 2007 strebt Sarkozy ein Defizit von 2,4 Prozent an. Für 2008 sollte es ursprünglich auf 1,8 Prozent gedrückt werden, doch nun ist nur noch von einer Neuverschuldung die Rede, die "unter 2,4 Prozent" liegt. Nicht mangelnde Reformen daheim, sondern den hohen Euro-Kurs macht Sarkozy für die anhaltende Delle in der französischen Wirtschaft verantwortlich.

Zwar hat Sarkozy am Montagabend in Brüssel versprochen, "nach Kräften" die Neuverschuldung bis 2010 auf Null zu senken. Trotzdem ließ er sich eine Hintertür auf. Wenn das Wachstum schwächer ausfalle, so der Franzose, "dann machen wir es 2012". Während Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker daraufhin trotzdem Sarkozys "europäischen Geist" lobte, bleibt der EU-Politiker Werner Langen (CDU) skeptisch: "Wer die Zusage des eigenen Finanzministers einfach außer Kraft setzt, verliert Vertrauen und schadet dem Euro."

Der von Sarkozy entfachte Euro-Streit zeigt aufs Neue: Der Franzose trägt zwar viel frischen Wind nach Brüssel, aber genauso heftig polarisiert und provoziert er. In der heißen EU-Gipfel-Nacht erwarb er sich bleibende Meriten, weil er mithalf, dass Warschau den Verfassungs-Kompromiss abzeichnete. Mit seinem Vorhaben, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu stoppen, sorgt Sarko wiederum für mächtig Unruhe im EU-Klub.

Als "Fauxpas" könnte sich auch sein hastiger Vorstoß erweisen, Tony Blair zum neuen EU-Präsidenten zu küren. Denn einem der geeignetsten Anwärter, Jean-Claude Juncker, stieß Sarkozy damit vor den Kopf.

Der umtriebige Sarkozy wirkt auf viele in Brüssel wie ein Hans Dampf, aber auch wie ein Unruhefaktor. Wie einer, der nervös von einer "Baustelle" zur nächsten prescht. Er sei kein Retter, urteilt der österreichische "Standard", sondern "ein Plagegeist".

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