Romneys Reise füllt nur die Kasse

Präsidentschaftskandidat verliert durch Fehltritte an Ansehen.

Warschau. Am Ende einer ziemlich verkorksten Woche platzte den Mitarbeitern von Mitt Romney der Kragen. „Du kannst mich mal“, raunte der Sprecher des US-Präsidentschaftskandidaten einem Reporter zu. Romney hatte gerade in Warschau den Pilsudski-Platz besucht, als Journalisten ihn mit Fragen über seine vielen Pannen während der Tour durch Großbritannien, Israel und Polen löcherten. Der Herausforderer von Barack Obama habe die Fragen ignoriert, sein Pressemann aber nicht: Am Hinterteil könne man ihn küssen, ließ der Sprecher die Medienleute wissen.

Romney wollte mit dem Überseetrip seine Glaubwürdigkeit als Außenpolitiker beweisen. Doch dann brüskierte er die Briten mit Zweifeln an dessen Fähigkeit, die Olympischen Spiele auszurichten. In Israel brachte er anschließend die arabische Welt gegen sich auf, als er Jerusalem als „Hauptstadt Israels“ bezeichnete. Das ist international nicht anerkannt, auch die US-Botschaft befindet sich in Tel Aviv. Schließlich fing sich Romney noch einen Rassismusvorwurf ein mit der Äußerung, die wirtschaftliche Überlegenheit Israels über die Palästinenser sei auch kulturell begründet. Von der israelischen Besatzung und deren Folgen auf die Palästinenser kein Wort.

Glimpflicher verlief es für Romney zum Abschluss seiner Reise in Polen. Der Friedensnobelpreisträger Lech Walesa hatte gar lobende Worte übrig. Doch wahrscheinlich war der Arbeiterführer nur immer noch sauer auf Obama, weil dieser bei einem Empfang polnischer Politiker keine Zeit für ihn hatte.

Dem 65-jährigen Republikaner dürfte vor allem klargeworden sein, dass er in der Weltpolitik keinen Welpenschutz genießt. So hielt auch die Heimatpresse sich mit Kritik nicht zurück: „Nicht ermutigend“ sei die Reise gewesen, kommentierte die „New York Times“. Selbst das konservative „Wall Street Journal“ hatte Mühe, Positives zu finden. Immerhin sei er ein ausgesprochener Israel-Freund, brachte ihr Kolumnist zu Papier. Bitterböse Kritik kam natürlich aus dem Demokraten-Lager: „Ich weiß nicht, wie er den Job als Staatschef machen würde. Als Tourist hat er Mist gebaut“, ätzte der Obama-Vertraute Rahm Emanuel.

Doch konkret um Stimmen dürfte es für Romney ohnehin kaum gegangen sein. Die Juden in den USA meisten wählen traditionell demokratisch und drüften zum Großteil auf Barack Obamas Seite stehen. Und die polnisch-stämmigen Katholiken hätte Romney mit einem Besuch in deren Bevölkerungszentren in den USA besser erreichen können. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Reise vor allem aufs Spenden abzielte. So habe allein der Auftritt in Jerusalem eine Million Dollar in seine Wahlkampfkasse gespült, berichtete die „Washington Post“. Und mit dem Kommentar zu Jerusalem habe er dort vor allem den US-Milliardär und jüdischen Hardliner Sheldon Adelson glücklich gemacht, der nach eigenen Angaben 100 Millionen Dollar ausgeben will, um Obama zu besiegen.

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