Präsident Assad wittert eine Verschwörung

In einer Rede an das Volk macht das Staatsoberhaupt ausländische Kräfte für die Revolution im eigenen Land verantwortlich.

Damaskus. Das handverlesene Publikum im Hörsaal der Universität in Damaskus applaudierte brav, als Syriens Präsident Baschar al-Assad versicherte, er bleibe an der Macht. „Der Sieg ist nah“, sagte der Präsident am Dienstag — nur wenige Tage, nachdem ein dritter Terroranschlag innerhalb von zwei Wochen die Hauptstadt erschüttert hatte. Mindestens 70 Menschen waren dabei ums Leben gekommen.

Seit zehn Monaten dauern die Massenproteste gegen das Regime an, nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind deutlich mehr als 5000 Menschen dabei getötet worden. Jeden Tag kommen mehr Zivilisten ums Leben. Die „Freie Syrische Armee“ der Deserteure soll inzwischen mehr als 10 000 Mitglieder haben und liefert sich täglich blutige Gefechte mit Regierungstruppen. Mit den jüngsten Selbstmordanschlägen erreicht der Konflikt eine weitere Eskalationsstufe.

Neue Antworten lieferte Assad in seiner ersten Rede an das Volk seit sieben Monaten allerdings nicht. Im Gegenteil: Seine Ansprache erinnerte an die Ankündigungen und Anschuldigungen des vergangenen Sommers. Erneut witterte er Verschwörungen und versprach Reformen, ohne ins Detail zu gehen.

Ob in der bis März angekündigten neuen Verfassung auch der Artikel 8 infrage gestellt wird, der der herrschenden Baath-Partei die Führungsrolle im Staat garantiert, bleibt unklar. Der Aufstand gegen seine Regierung: eine Verschwörung ausländischer und regionaler Kräfte. Die Regime-Gegner: Terroristen. Explizit ging er die Arabische Liga, indirekt die Golfstaaten an: „Wenn wir den Rat einiger Länder befolgen müssten, würden wir ein Jahrhundert zurückfallen“, kommentierte er deren Forderung nach Demokratie.

Die Opposition hatte sich von der Ansprache ohnehin keine Wende in dem Konflikt erwartet. Sie rechnet vielmehr mit einer weiteren Verschlechterung der Lage. Assads Regime lebe „auf einem anderen Planeten“, sagte Aktivist Scheich Anas Airut. Seine Versprechen seien pure Lügen.

Die Gewalt in Syrien ging auch während der Rede weiter. Sogar Beobachter der Arabischen Liga wurden attackiert, wie regionale Medien berichteten. Und Assad präsentierte sich nicht geschwächt, sondern entschlossen, an der Spitze des Landes zu bleiben. Auch diesmal waren es nur Spekulationen, der Mediziner Assad könnte sich ins Exil begeben, um dort seinen Traum einer eigenen Augenklinik zu verwirklichen.

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