Platzecks Problem mit Rot-Rot

Stasi-Vorwürfe gegen sieben Abgeordnete der Linkspartei.

Berlin. Hört es nie auf? Im rot-roten Bündnis in Potsdam ist nun bereits der siebte Stasi-Fall aufgeflogen. Für Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sind sie "ausgesprochen schmerzlich". Am Freitag muss sich der Sozialdemokrat vor dem Parlament erklären. Dabei ging er die Zusammenarbeit mit der Linkspartei offensiv an: Als Akt der Versöhnung, aber auch mit dem Hintergedanken, die Linke im Zaun zu halten. Allein, längst sind Platzecks Sorgen zu einem Lehrbeispiel für die Probleme der SPD im Umgang mit ihrer linken Konkurrenz geworden. Im Westen steht für die SPD ihre Mehrheitsfähigkeit auf dem Spiel, im Osten ihre Existenz.

Grob gesagt, geht es um eine Alternative: Ausgrenzung oder Einbindung. In Sachsen steht die SPD für die erste Variante. Genützt hat es wenig, wie die Mitgliederentwicklung und die Wahlergebnisse im Freistaat belegen. Die SPD hat 4300 Mitglieder, die Linke dreimal so viele. Ernüchternder gar ist die Wahlgrafik, die 1990 ansetzt. Die Linie der Linken beginnt bei 10,2 Prozent und endet bei 20,6 bei der Landtagswahl 2009. Die Linie der SPD startet bei 19,1 und landet bei 10,4 Prozent. In 20 Jahren haben sie die Plätze getauscht.

Sachsen ist kein Einzelfall, wie Thüringen zeigt. In Brandenburg lässt die Linke die SPD bei Kommunal-, Europa- und Bundestagswahlen hinter sich. Bei Landtagswahlen zehrt die SPD lediglich von der Popularität und Zugkraft ihrer Spitzenleute, heute von Platzeck wie einst von Manfred Stolpe. Bei näherem Hinsehen kämpft die SPD um ihre Existenz. Die Linke ist mehr Volkspartei als die SPD. Ihr fehlt im Osten nur die ultimative Bestätigung: ein eigener Ministerpräsident.

Den anderen Weg, Einbindung, ging Klaus Wowereit in Berlin. Bislang nicht erfolglos. Platzeck wollte es genauso machen und die Linke zwingen, unliebsame Entscheidungen mitzutragen, so etwa Stellenabbau. Einmal in der Regierung, so die Erfahrung, mache die Linke keine andere Politik als die SPD. Platzeck hat auch viel durchgesetzt; sogar so viel, dass der Linken-Chef Oskar Lafontaine wütend wurde, als er vom Koalitionsvertrag hörte. Auch die Linken-Chefin NRW, Katharina Schwabedissen, wird mit der Kritik zitiert, es sei eine Vereinbarung, die "wir so nicht abgeschlossen hätten."

Seinen Erfolg konnte Platzeck freilich nicht genießen. Seine Beschwichtigung, Rot-Rot sei keine Schlussstrich-Koalition, wird Tag für Tag bestätigt, freilich anders als er erwartet hatte: Von 26 Abgeordneten der Linken sind mittlerweile sieben als Stasi-Zuträger aufgeflogen.

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