Pisa-Studie: Deutschland hat dazu gelernt

Schüler haben sich seit dem ersten Test im Jahr 2000 deutlich verbessert. Vor allem im Lesen.

Frankfurt. Vor knapp zehn Jahren erschütterte die erste Pisa-Studie Deutschland: Die deutschen Schüler waren nach der internationalen Untersuchung allenfalls Mittelmaß, weit entfernt vom Niveau der Spitzenreiter.

Vom Pisa-Schock war seither die Rede. Doch der Schock war offensichtlich heilsam: In der gestern vorgestellten vierten Auflage schnitten die deutschen Jugendlichen deutlich besser ab. Im Lesen liegen sie zwar im internationalen Vergleich nach wie vor nur im Mittelfeld, in Mathe und Naturwissenschaften gehören sie aber schon zur erweiterten Spitze.

Doch Probleme wie der weiterhin bestehende Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schulerfolg bleiben große Herausforderungen für die Zukunft.

Immer wieder hatte die für Pisa verantwortliche Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in den vergangenen Jahren das deutsche Schulsystem kritisiert.

Am Dienstag gab es dann zur Abwechslung mal ein kräftiges Lob: "Deutschland ist von der zweiten in die ersten Liga aufgestiegen", sagte der Leiter des deutschen OECD-Büros, Heino von Meyer. Um allzu große Euphorie zu verhindern, fügte er aber gleich an: Von der Champions League sei Deutschland noch "weit entfernt".

Treffend umschrieb von Meyer damit, was sich in den vergangenen Jahren getan hat: Im Lesen als Schwerpunkt der aktuellen Untersuchung verbesserten sich die Leistungen der deutschen Schüler signifikant, von dem Niveau der Spitzenreiter Südkorea und Finnland sind sie aber noch umgerechnet etwa ein Schuljahr entfernt.

Allerdings befinden sich die deutschen Schüler mit ihrem Platz im Mittelfeld durchaus in guter Gesellschaft. Ähnliche Leistungen fanden die OECD-Forscher in den USA, Schweden, Frankreich oder Großbritannien vor.

In Mathematik und Naturwissenschaften liegen die Leistungen der deutschen Schüler sogar über dem OECD-Durchschnitt. Besonders stark schneiden gerade in diesem Bereich asiatische Länder und Regionen wie Shanghai, Hongkong, Singapur oder Südkorea ab.

Die deutsche Aufholjagd ist auch alles andere als selbstverständlich. Ein großes Bildungssystem wie in Deutschland reagiere gewöhnlich träge auf Veränderungen, sagt der Sprecher des deutschen Pisa-Konsortiums, Eckhard Klieme.

Doch nach wie vor stehen Deutschlands Schulen vor großen Herausforderungen: So kritisierte die OECD etwa den großen Einfluss des Schulumfelds: "In keinem anderen Land hat ein sozial ungünstiges Schulumfeld einen derart starken Einfluss auf die Leistungen von Kindern aus sozial schwachen Familien", monierte die Organisation.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnte denn auch vor zu viel Euphorie: "Kollektives Schulterklopfen verstellt den Blick darauf, dass immer noch fast 20 Prozent der 15-Jährigen, bei den Jungen fast 25 Prozent, nicht ausreichend lesen und rechnen können", mahnte GEW-Vize Marianne Demmer.

Lehrerverbände forderten zudem, die PISA-Studie und den internationalen Vergleich grundsätzlich nicht überzubewerten.

So warnte der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, davor, wegen des guten Abschneidens asiatischer Länder die dortige "Lern- und Drillkultur" als Vorbild anzupreisen.

Jedes Land habe seine besonderen Verhältnisse. "Einfache, ohne weiteres übertragbare Rezepte gibt es nicht."

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