Petra Roth: Die Patriarchin von Frankfurt

Petra Roth ist seit fast 14 Jahren Oberbürgermeisterin. Sie sagt: „Frauen müssen doppelt so gut sein wie Männer.“

Frankfurt. Zwölf-Stunden-Tage sind für Petra Roth keine Seltenheit. Morgens um 8.30 Uhr bereitet sie sich schon auf Sitzungen vor, abends um 21 Uhr schüttelt sie noch einem Jubilar die Hand. Der "Römer", das Frankfurter Rathaus, sei ihr "Zweitwohnsitz", sagt sie. Das ist der Preis der Macht. Seit nunmehr fast 14 Jahren steht die CDU-Politikerin an der Spitze der fünftgrößten Stadt Deutschlands. "Ich habe noch nie eine Wahl verloren", sagt sie selbstbewusst.

Dass sie es als Frau bis ganz nach oben geschafft hat, ist für die heute 64-Jährige eigentlich gar kein Thema. Natürlich habe es in den 70er Jahren auch Vorbehalte gegen eine junge, zweifache Mutter gegeben, die in der Politik mitmischen wollte. Insgesamt, so blickt sie zurück, sei die Frankfurter CDU aber immer liberal und weltoffen gewesen - eine Großstadtpartei eben, anders als die konservative Hessen-CDU. Und die Frankfurter hätten nie einen Unterschied zwischen Mann und Frau in der Kommunalpolitik gemacht: "Denen geht es um die Persönlichkeit der Kandidaten."

Und doch sieht Roth Unterschiede zu männlichen Karrieren in der Politik: "Eine Frau muss immer doppelt so gut sein wie ein Mann", sagt sie - und lebt es. "Ich kenne alle Vorlagen für Sitzungen, habe mir die Geschichte Frankfurts angelesen, bin immer gut vorbereitet. Qualität hat ihren Preis." Ihr Motto: "It can be done - Man kann es schaffen."

Machen Frauen anders Politik als Männer? "Ja", betont Roth. "Sie sind pragmatischer, sachbezogener. Und sie sind weniger bereit, egoistische Positionskämpfe auszutragen." Rumms, mehr wäre eigentlich nicht hinzuzufügen. Außer vielleicht noch dies: "Stellen Sie sich einen Mann am Herd vor, darauf ein Topf mit Milch, ein Kind auf dem Arm, ein anderes hängt am Bein. Dann klingelt es an der Tür: Eine Frau wüsste in diesem Moment sofort, was sie als erstes zu tun hat ..."

Roths Weg in die Politik begann unspektakulär: Die gelernte Arzthelferin, die sich nach eigenen Worte schon immer für Politik interessierte, fand, dass vor den Kindergarten ihrer Söhne ein Zebrastreifen gehöre - und engagierte sich. Von da an ging es steil nach oben: 1977 zog sie als jüngste Frau in die Stadtverordnetenversammlung ein, von 1987 bis 1995 saß sie im hessischen Landtag, 1992 wurde sie Chefin der Frankfurter Christdemokraten, 1995 Oberbürgermeisterin der Bankenmetropole mit 659000Einwohnern. Mehrere Jahre lang trat sie als Präsidentin des Städtetages bundesweit für die Belange der Kommunen ein.

Die Politikerin wird dem linken Flügel der CDU zugeordnet. Sie ist ein Fan von Heiner Geißler, gemeinsam mit Rita Süssmuth stritt sie für eine Frauenquote in der Partei. Solche Instrumente zur Frauenförderung hält sie aber nur für eine begrenzte Zeit für sinnvoll. "Auch bei Frauen ist die Leistung entscheidend."

Aber auch die Rahmenbedingungen müssten stimmen. So förderte die Stadt Frankfurt Betriebskindergärten, jede Stelle in der Verwaltung kann in Teilzeit besetzt werden, es gibt unterschiedliche Modelle von Tagesmütterangeboten, der Ausbau von Ganztagsschulen wurde vorangetrieben. "Das geht alles", sagt Roth. Und es gibt Erfolge: Frankfurt hat unter den deutschen Großstädten die meisten Frauen in kommunalpolitischen Führungspositionen, wie eine Studie belegt.

Heute, sagt Roth, sei Normalität eingekehrt, Frauen seien im Beruf gleichgestellt, würden von ihren männlichen Kollegen akzeptiert. Der Nachteil: Weil Frauen heute nicht mehr so stark kämpfen müssten, lasse auch ihr Engagement nach. "Ich würde mir da mehr wünschen."

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