Papst Franziskus: Bewegende Gesten, klare Worte

Bei seinem ersten Osterfest als Papst begeistert Franziskus die Gläubigen.

Rom. Franziskus setzt auch bei seinem ersten Osterfest als Papst in Rom Zeichen, zeigt die verschiedenen Gesichter des Jorge Mario Bergoglio. Das neue Kirchenoberhaupt der Katholiken wärmt beständig die Herzen der Pilger und Osterurlauber.

Wo er erscheint, führt der 76-Jährige Argentinier seine Charme-Offensive fort. Er liest seiner erstarrten und „egozentrischen“ Weltkirche aber auch die Leviten und geht bei nahezu jeder Gelegenheit neue Wege.

In Rom schon als „Protokollschreck“ verschrien, weil er etwa auf manche päpstlichen Insignien verzichtet und stehend predigt, wartet der Papst der „armen Kirche der Armen“ auch am Ostersonntag mit einer Neuigkeit auf.

Jorge Mario Bergoglio, im schlichten weißen Gewand vor der Menschenmenge auf dem Petersplatz erschienen, lässt dann einfach die Ostergrüße in Dutzenden Sprachen ausfallen — Vorgänger Benedikt hatte sie immer gern der Menschenmenge auf dem Petersplatz zugerufen.

In Gedanken versunken verfolgt Franziskus am Karfreitag den abendlichen Kreuzweg vor der historischen Kulisse des Kolosseums, lauscht den Meditationen über Krieg, Leiden und soziale Not, betet leise mit.

„Das Kreuz Jesu ist die Antwort der Christen auf das Böse“, sagt er der Menschenmenge in die Dunkelheit am römischen Wahrzeichen hinein. Kurz zuvor hat der Jesuit während der Messe lange betend auf dem Boden des Petersdoms gelegen — ein ergreifendes Bild. Es sind die kleinen Gesten, mit denen Franziskus das Herz der Gläubigen (und auch der Fotografen) gewinnt — er predigt Demut nicht nur, er lebt sie.

Alles, was neu ist an diesem ersten Papst aus Lateinamerika, das erregt auch an diesen Tagen der österlichen Messen und Zeremonien Aufsehen. Jorge Mario Bergoglio hat die traditionelle Fußwaschung, ausdrucksstarkes Zeichen des Dienens, in ein Jugendgefängnis verlegt und dabei — eine weitere Premiere für einen Papst — auch vor jungen Frauen gekniet. Franziskus säubert die Füße und küsst sie. Um danach den jungen Insassen Mut zuzusprechen: „Lasst euch nicht die Hoffnung rauben. Verstanden?“

Doch auch dieser Pontifex ist nicht mehr der Jüngste. Es kann schon anstrengend sein, sich so tief hinzuknien für einen Demutsakt. Er will ein Diener Gottes und seiner Kirche sein, betont Franziskus. Das verlangt ihm zum Fest der Auferstehung Christi viel ab: Termine, Termine. Zwischendurch findet Franziskus noch die Zeit für ein langes Telefonat mit seinem Vorgänger Benedikt, der sich in die päpstliche Residenz Castel Gandolfo zurückgezogen hat.

Gewaschen hatte sich seine harsche Kritik an der Kirche, die an Ostern noch nachhallte. „Wer nicht aus sich herausgeht, der wird, statt Mittler zu sein, allmählich ein Zwischenhändler, ein Verwalter“, hatte er vor etwa 1600 Priestern und Ordensleuten eine Kirche verlangt, die sich öffnet und in die „Randgebiete“ geht: „Es ist eben gerade nicht in den Selbsterfahrungen oder den wiederholten Introspektionen, dass wir dem Herrn begegnen.“

Franziskus folge der Methode der Jesuiten, wenn er allen zuhöre und mit allen rede, um dann allein zu entscheiden, analysiert die Turiner Zeitung „La Stampa“. Disziplin, Gehorsam und Verantwortung seien die Schlüsselworte, die Bergoglio gelernt habe.

Aber auch er kann nicht alles, wie Vatikan-Sprecher Federico Lombardi erklärt: Seine Reden und Predigten beeindrucken, aber dieser Papst singt bei den Zeremonien nicht mit. Franziskus leide wohl an einer „gewissen Stimmlosigkeit“, einer Aphonie. Dass es auf die Inhalte ankommt und nicht auf den Wohlklang der Stimme, beweist er schon.

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