Neujahrsempfang der NRW-CDU in Düsseldorf – mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Vitali Klitschko Die CDU inszeniert jetzt ohne Bescheidenheit

DÜSSELDORF · Als Hendrik Wüst und sein Umfeld im Herbst vergangenen Jahres beschlossen, den ehemaligen CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak in NRW als General aufzufangen, hatten sie so etwas wohl auch im Sinn: Ziemiak sollte dem etwas angestaubten Landesverband zu mehr Professionalität und Auftritt verhelfen, wie ihm das in Berlin doch ansehnlich gelungen war.

Ursula von Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht beim CDU Neujahrsempfang.

Ursula von Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht beim CDU Neujahrsempfang.

Foto: dpa/David Young

Spürbar wird das nun an diesem Samstag beim Neujahrsempfang der NRW-CDU im Robert-Schumann-Saal im Düsseldorfer Kunstpalast. Mehr als 1000 Mitglieder überfüllen den Ort, ein Kölner Kinderchor singt Europa- und Nationalhymne plus kölsches Liedgut. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen redet über Krieg in Europa und Green Deal in der EU – und Vitali Klitschko grüßt per detailliert ausgearbeiteter Videobotschaft aus Kiew. Großes Besteck, bei dem die schwarz-grüne Regierungskoalition fast wie ein netter Randaspekt aus dem täglichen Politik-Einerlei wirkt. Ministerpräsident Hendrik Wüst gibt sich später Mühe, diesem Eindruck zu begegnen.

Zuvor hat Bürgermeister Klitschko seinen Auftritt. Es ist ein klug inszeniertes Video, in dem Klitschko nicht nur der NRW-Bevölkerung für die Aufnahme von mehr als 200 000 Ukrainern dankt, sondern auch von der Leyen, Wüst und Ziemiak persönlich anspricht. Ziemiak könne – wohl dank polnischer Abstammung –, „zeigen, wie schön unser Land ist“, von der Leyen sei viele Male in Kiew gewesen. Und Wüst habe betont, wer vor den Bomben von Putin fliehe, sei in NRW herzlich willkommen. „Diese Worte bedeuten uns sehr, sehr viel“, sagte Klitschko. Schwerer Applaus im Saal.

Nach dem geschmetterten „Freude schöner Götterfunken“ hält Ursula von der Leyen eine Rede, die nachwirkt. Weil sie den Mitgliedern dieser Partei deutlich macht, wie nah die europäische Perspektive inzwischen ist, die vielen früher allenfalls bei auszutauschenden Glühbirnen begegnet war. Von der Leyen macht nicht nur deutlich, dass die EU „ohne Wenn und Aber an der Seite der Ukraine“ stehe, sondern versteigt sich auch zu dem Satz: „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen.“ Putin habe die Tapferkeit der Ukraine und das Zusammenstehen Europas unterschätzt. Auch sein Plan, mit Gas zu erpressen, sei nie aufgegangen. Europa habe stattdessen „massiv in Erneuerbare Energien“ investiert, sagt von der Leyen. Sie stellt den Krieg als Katalysator des Green Deals der EU dar, bezeichnet den Umbau auf Erneuerbare Energien als „unsere Generationenaufgabe“ und prophezeit NRW ein kleines Jobwunder: 130 000 Jobs könnten hier allein in der Wasserstoffbranche entstehen. Hier investiere NRW bereits in herausragende Projekte wie in Duisburg, Herten und bei der längsten deutschen Wasserstoff-Pipeline zwischen dem Chemiepark Marl und Leverkusen. Die dichte Wissenschaftslandschaft, die vielen Fachkräfte und die innovativen Mittelständler machten das Bundesland stark für die neuen Aufgaben. Als Reminiszenz an den Gastgeber sagt sie: „Hendrik Wüst, bei dir ist die Wirtschafts und Industriepolitik wirklich in besten Händen.“ Wüst wendet sich danach leicht verschämt an seine Nebenfrau Mona Neubaur. Sie ist die Wirtschaftsministerin in seinem Kabinett.

Wüst selbst lobt an diesem Samstagvormittag in Düsseldorf die Zusammenarbeit mit den Grünen („Wer hätte das vor einem Jahr gedacht?“) und macht deutlich, dass er NRW als Industrieland erhalten will. Sein Plan zur Umsetzung: Energie- und Lohnkosten würden wie Sozialaufwendungen kaum sinken, deswegen müsse Politik an zwei Stellschrauben drehen, die den Standort NRW attraktiv machen können: „Planung und Genehmigung verkürzen und über Steuern lenken.“ Es brauche Anreize für das private Kapital, in NRW zu investieren. Wüst will „die Superabschreibung“. Die Ampel müsse das „jetzt schnell machen“. Und noch ein Ratschlag gen Berlin: Jeder der Koalitionsparteien soll in seinem Bereich zu den Planungszeiten gelangen, die er will – und das auch bei den jeweilig anderen akzeptieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort