Nach Tunesien: Massenproteste in Ägypten

Kairo (dpa) - Inspiriert von der Revolution in Tunesien sind in Ägypten mehr als 10 000 Oppositionelle und Menschenrechtler auf die Straße gegangen. Allein in der Innenstadt von Kairo protestierten am Dienstag rund 3000 Demonstranten gegen die Politik der Partei von Präsident Husni Mubarak.

Sie riefen „Mubarak - geh, geh, wir wollen dich nicht“ und trugen Plakate mit der Aufschrift „Mördersystem“. Auch in anderen Stadtteilen, im Nildelta, in Alexandria und auf der Sinai-Halbinsel demonstrierten Menschen gegen Korruption, Arbeitslosigkeit und Menschenrechtsverletzungen. Zugleich forderten sie mehr politische Freiheiten.

Vereinzelt kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzte. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden vier Polizisten und 14 Demonstranten verletzt. 15 Demonstranten seien festgenommen worden, hieß es. Die Veranstalter sprachen von mindestens 50 Festnahmen. Unter anderem berichtete die Bewegung „Jugend des 6. April“, zahlreiche Demonstranten aus ihren Reihen seien festgenommen worden. Die Proteste waren überall von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet. Innenminister Habib al-Adli hatte vorab durchblicken lassen, dass die Polizei kurzen Prozess machen werde, falls Eigentum zerstört werde oder die Sicherheit gefährdet sei.

Die Schulen und Behörden des Landes waren am Dienstag wegen eines Feiertages - dem „Fest der Polizei“ - geschlossen. Die Organisatoren hatten ihren Aufruf zur Demonstration unter dem Motto „Revolution und Freiheit“ vor allem via E-Mail und über das soziale Netzwerk Facebook verbreitet. Unter den Demonstranten waren Studenten, Parlamentarier, Anhänger der Muslimbruderschaft und Mitglieder der linken Protestgruppe „Kifaya“ („Genug“).

An früheren Aktionen der ägyptischen Opposition hatte sich immer nur eine kleine Minderheit beteiligt, obwohl eine größere Zahl von Ägyptern mit den Zielen der Regimekritiker sympathisiert. Dies liegt erstens an der Angst vor Polizeigewalt und zweitens an der Unfähigkeit der Oppositionsgruppen, einen Konsens zu finden. So hatte beispielsweise ein Teil der Opposition im vergangenen Herbst zum Boykott der Parlamentswahl aufgerufen, während sich die Muslimbruderschaft und einige andere Gruppierungen für eine Teilnahme entschieden. Die Muslimbruderschaft tritt für eine „Islamisierung“ des Staates mit friedlichen Mitteln ein. Sie ist als Organisation zwar offiziell verboten, ihre Anhänger haben jedoch trotzdem politischen Einfluss.

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