Midterms Midterm-Denkzettel für Trump - So sieht Außenminister Maas das Ergebnis

Berlin/Washington · In unserem Interview ist Außenminister Heiko Maas (SPD) die Freude über den Ausgang der Midterm-Wahlen anzumerken. Gleichzeitig treiben ihn Sorgen um.


Heiko Maas (SPD).

Heiko Maas (SPD).

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Außenminister Heiko Maas (SPD) muss sich bei der Bewertung von Wahlen in einem anderen Land qua Amt zurückhalten. Im Interview mit unserem Berliner Korrespondenten Werner Kolhoff ist dennoch Freude über den Ausgang der „Midterms“ in den USA spürbar. Aber auch die Sorge, dass Präsident Trump seinen Konfrontationskurs innen- und außenpolitisch trotz der Teilniederlage der Republikaner nicht ändert.

Herr Maas, freut Sie als SPD-Mitglied das amerikanische Wahlergebnis? Die Demokraten erobern immerhin das Repräsentantenhaus.

Maas: Das Ergebnis verändert sicher die Machtdynamik in den USA. Was man neben den Mehrheitsverhältnissen sehen muss, ist: Viele Amerikanerinnen und Amerikaner haben bei diesen Wahlen ihre Stimme für die Werte abgegeben, für die Amerika immer stand: Diversität und Vielfalt. Jünger, weiblicher, moderner – so sind die Gewinner der Wahlen, besonders bei den Demokraten. Sie haben muslimische Frauen und Native Americans in den Kongress geschickt. Das sind die demokratischen Signale, über die ich mich freue. Das macht Hoffnung.

Die amerikanische Gesellschaft ist tief gespalten. Helfen diese Wahlen, das zu überwinden?

Die checks and balances (Kontrolle und Machtbalance, die Redaktion) werden sich mit der nun demokratischen Mehrheit im Kongress neu sortieren. Aber im Grundsatz müssen wir damit rechnen, dass der Trend zu einer immer schärferen Polarisierung der Gesellschaft bleibt. Das ist ja ein Phänomen, das wir leider auch in Europa erleben. Fake News und Angriffe unter der Gürtellinie vergiften immer öfter die Debatte – auch in der Außenpolitik. Darüber dürfen wir nicht den Kopf verlieren, sondern müssen ruhig und entschieden gegenhalten. Und zwar mit sachlichen Argumenten und dem Angebot zu einer Diskussion auf Augenhöhe.

Rechnen Sie damit, dass Präsident Trump innenpolitisch nun auf seine Gegner zugeht, oder wird er seinen Konfrontationskurs eher noch verschärfen?

Zu glauben, dass die Situation nun einfacher wird, wäre in meinen Augen jedenfalls naiv. Demokraten und Republikaner werden Wege finden müssen, um konstruktiv zusammenzuarbeiten. In allen Demokratien funktioniert Politik am Ende nur durch Kompromisse. Davon wird am Ende auch maßgeblich die Außenpolitik der USA abhängen.

Besteht die Gefahr, dass Trump die Konfrontation nun dafür noch stärker außenpolitisch sucht?

Klar ist auf jeden Fall, dass wir die Amerikaner außenpolitisch weiterhin brauchen werden. Die Probleme, die unsere Welt in Atem halten, lassen sich ohne die USA nicht lösen. Wenn die Devise auf absehbare Zeit „America first“ bleibt, müssen wir reagieren. Ich sehe nur eine mögliche Antwort, und die heißt „Europe united“. Digitalisierung, Migration oder Klimawandel. Auf diese globalen Herausforderungen brauchen wir gemeinsame internationale Antworten. Wir werden nur noch dann eine Rolle spielen, wenn wir uns trauen, unsere Kräfte als Europäer noch viel stärker zu bündeln.

Er könnte im Handelsstreit mit Europa versucht sein, seinen Anhängern zu zeigen, dass America first nun erst recht gilt. Befürchten Sie hier eine Verhärtung?

Gerade im Handelsstreit hat sich gezeigt, wie viel Gewicht wir als Europäer zusammen auf die Waage bringen können. Gemeinsam für freien Handel und gegen Zölle einzustehen, gehört zu den Grundkonstanten der EU seit ihrer Gründung. Wir werden uns in diesem Bereich nicht auseinanderdividieren lassen. Das ist eine gute Voraussetzung für die Verhandlungen, vor denen wir stehen.

Im Fall Iran scheinen die USA fest entschlossen zu sein, massive Sanktionen durchzusetzen. Wie werden Deutschland und Europa sich hier verhalten?

Der erste wichtige Baustein ist: die Geschlossenheit in der Europäischen Union. Wir sind gemeinsam der Auffassung, dass es richtig ist, die Wiener Nuklearvereinbarung mit dem Iran zu erhalten. Das liegt in unserem europäischen Sicherheitsinteresse, und dafür setzen wir uns ein. Unser Ziel und die klare Erwartung an Teheran sind, dass Iran alle Verpflichtungen unter dem Abkommen weiter vollständig erfüllt. Denn das Letzte, was wir brauchen, ist eine weitere Eskalation – und dass Iran in der Folge wieder in die Uran-Anreicherung getrieben wird. Das würde die Sicherheit nicht nur in der Region, sondern auch für Europa gefährden. Deshalb müssen wir unseren Teil dazu beitragen, dass innerhalb bestehender Regeln legaler und legitimer wirtschaftlicher Austausch möglich bleibt. Und von diesem Weg werden wir uns nicht abbringen lassen.

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