Merkel verbittet sich voreilige Kritik an der Bundeswehr

Die Bundeskanzlerin will Vorverurteilungen nicht akzeptieren – weder aus dem In- noch aus dem Ausland.

Berlin. In ihrer Regierungserklärung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag die internationale Kritik am Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan ungewöhnlich scharf zurückgewiesen. Sie versprach nach dem von der Bundeswehr angeordneten tödlichen Luftangriff auf zwei Tanklastwagen in Nordafghanistan eine "lückenlose Aufklärung".

Nichts solle beschönigt werden. Allerdings dulde sie auch keine Vorverurteilungen: "Ich verbitte mir das im Inland wie im Ausland", sagte sie unter starkem Beifall der Bundestagsabgeordneten.

Merkel räumte nur indirekt zivile Opfer ein. Jeder, der unschuldig ums Leben gekommen oder verletzt worden sei, "ist einer zuviel". An die Adresse der Afghanen gerichtet sagte sie: "Wir fühlen mit ihnen und ihren Angehörigen."

Ähnlich äußerte sich Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) im Bundestag. Er sagte: "Wenn es zivile Opfer gegeben hat, dann erfordert das unsere Teilnahme und unser Mitgefühl."

Derweil gab die Nato am Dienstag offiziell zu, dass bei dem Luftangriff vor vier Tagen Zivilpersonen ums Leben gekommen sind. Erste Untersuchungen lassen die Isaf nach eigenen Angaben davon ausgehen, "dass Aufständische, aber auch Zivilisten durch den Luftangriff getötet und verletzt wurden". Die genaue Zahl der zivilen Opfer solle bei einer gründlichen Untersuchung des Vorfalls in der nordafghanischen Provinz Kundus festgestellt werden.

Das Bundesverteidigungsministerium hatte bisher die Zahl von 56 getöteten Taliban bekanntgegeben. Afghanische Stellen sprachen hingegen auch von zivilen Todesopfern. Die Taliban behaupten, mindestens 79 Menschen - ausschließlich Zivilisten - seien bei dem Angriff ums Leben gekommen.

Mit allem Nachdruck bekannten sich Merkel und der SPD-Kanzlerkandidat, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, zu dem Bundeswehr-Einsatz, für den in Afghanistan insgesamt 4240 deutsche Soldaten stationiert sind.

Steinmeier sagte in der von Wahlkampftönen weitgehend freien Debatte, die Bundeswehr sei keine Besatzungsarmee, und deshalb sei sie auch "nicht für die Ewigkeit da". Es wäre allerdings "unverantwortlich", das Engagement jetzt zu beenden. Als einzige Fraktion forderte die Linkspartei den Abzug der deutschen Soldaten.

Unterstützung für die Bundesregierung kam von Bundespräsident Horst Köhler: "So sehr wir erwarten, dass die Ereignisse aufgeklärt werden, so sehr wenden wir uns auch gegen Vorverurteilungen."

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