Lobbyisten laufen Sturm gegen das Rauchverbot

Dehoga und Aktionsbündnis kritisieren striktes Gesetz, Stiftung verteidigt es.

Düsseldorf. „Die Gesellschaft spaltet sich“, so düster beschreibt Detlef Retereit vom Aktionsbündnis „NRW genießt“ die Folgen des strikten Nichtraucherschutzgesetzes in NRW. Die Raucher blieben seitdem zu Hause, weil sie nirgends mehr qualmen dürfen. „Dabei hat doch die Situation vor dem 1. Mai auch die Nichtraucher nicht gestört“, betont Retereit. Diesen Zustand will er mit einem Volksbegehren wieder herstellen (siehe Kasten).

„Bis zum 1. Mai hatten wir eine Regelung, mit der wir und unsere Betriebe gut leben konnten“, sagt Thorsten Hellwig vom Deutsche Hotel- und Gaststättenverband NRW. „Das Kneipensterben hat seit Mai zugenommen, weil die Gäste ausbleiben. Außerdem beschweren sich Nachbarn von Gasstätten über Raucher, die draußen reden.“ Und ein neues Problem ist auch aufgetreten: „Menschen geben vor, draußen zu rauchen, hauen aber ab und prellen die Zeche“, sagt Hellwig.

Das Kneipensterben bestätigt der freie Journalist Dietmar Jazbinsek, der im Auftrag der Sauerländer Dieter-Mennekes-Umweltstiftung zu dem Thema recherchiert hat. „Ja, es gibt in NRW ein massives Kneipensterben. Aber das liegt nicht am Rauchverbot.“ Er bezieht sich auf die Unternehmenssteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes. Demnach sinkt die Zahl der Schankwirtschaften in NRW seit 2001. „Und damals war ein Rauchverbot noch kein Thema.“

Jazbinsek sieht andere Gründe für die Entwicklung: „Die Kneipen haben ein Strukturproblem. Ihr Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr.“ Das Modell ziele darauf ab, dass sich Leute aus der Nachbarschaft zum Biertrinken treffen. Beides hätte an Bedeutung verloren. „Die Leute sitzen lieber zu Hause vor dem Fernseher und trinken“, sagt Jazbinsek. Zudem habe der Bierkonsum insgesamt abgenommen, wie eine Erhebung des Deutschen Brauer-Bunds belegt. Dem „Aktionsbündnis NRW genießt“ räumt Jazbinsek darum kaum Chancen ein: „Das ist eine Hasskampagne. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das zieht.“

Unterstützung erhält er von Dieter Mennekes selbst, der das strikte Gesetz unbedingt beibehalten will. „Es ist nicht richtig, dass wir vor dem 1. Mai ein funktionierendes Nichtraucherschutzgesetz gehabt haben“, sagt er. In seinem Auftrag hat ein Ingenieurbüro aus Korschenbroich beim Bürgerschützenfest in Neuss 2012 und 2013 die Schadstoffbelastung der Atemluft in Festzelten gemessen. „Durch das Verbot ist die Belastung um mehr als 80 Prozent zurückgegangen, und das Zelt war so gut besucht wie immer.“

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