Leiharbeit: Chance oder Sackgasse?

Die Branche steht in der Kritik — und boomt dennoch.

Düsseldorf. Der Boom am deutschen Arbeitsmarkt ist ungebrochen — und mit ihm auch das schnelle Wachstum der Leiharbeitsbranche. Heute gibt es mehr als drei Mal so viele Leiharbeitnehmer wie noch vor zehn Jahren. Und vor allem hier gelingt es offenbar auch, Geringqualifizierte in eine Beschäftigung zu bekommen.

Doch auch die Kritik an der Leiharbeit ist groß: Die Arbeit sei oft schlecht bezahlt und führe nur selten zu einer unbefristeten Fest-anstellung bei einem Unternehmen. Mehr noch: Vor allem Gewerkschafter beklagen, dass einige Unternehmen Festangestellte durch billigere Leiharbeitskräfte ersetzen; unbefristete, sichere Arbeitsplätze würden verdrängt.

Insbesondere der letztgenannte Punkt ist umstritten. Zwar gibt es Fälle, in denen offenbar genau das passiert ist, aber ein allgemeiner Trend scheint das nicht zu sein. Nach Statistiken der Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl der Leiharbeiter seit 2006 um 400 000 gestiegen. Gleichzeitig wuchs aber auch die Zahl der unbefristeten Vollzeitstellen ohne Leiharbeit um rund eine Million.

Unbestritten ist hingegen, dass Leiharbeiter schlechter bezahlt werden. Das wird zum Teil damit gerechtfertigt, dass Zeitarbeiter in der Regel jünger sind und zumeist weniger Berufserfahrung aufweisen als die Stammbelegschaft. Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kommt in einer Studie jedoch zu dem Schluss, dass Leiharbeitnehmer auch unter Berücksichtigung solcher Faktoren im Schnitt ein Fünftel weniger verdienen.

Um drastische Fälle von „Lohndumping“ zu vermeiden, gilt seit Jahresbeginn in der Zeitarbeitsbranche ein Mindestlohn. Ein geringqualifizierter Leiharbeiter bekommt demnach mindestens 7,89 Euro pro Stunde.

Auch über den sogenannten Brücken- oder Klebeeffekt, also die Frage, ob Leiharbeit für Arbeitslose ein Einstieg in eine Fest-anstellung bei einem Unternehmen sein kann, wird gestritten. Der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen gibt eine Übernahmequote von 34 Prozent an. Vor allem Fachkräfte würden oft schon nach kurzer Zeit in eine Festanstellung bei einem Kunden wechseln. Andere unabhängige Untersuchungen, zum Beispiel des IAB, kommen hingegen nur auf sieben bis 14 Prozent.

In jedem Fall wird von Leiharbeitern ein hohes Maß an Flexibilität verlangt. Sie wissen nie genau, wo sie in ein paar Wochen arbeiten. Zugleich sind ihre Jobs unsicherer. Nach einer Erhebung der Bundesagentur für Arbeit (BA) endet ungefähr die Hälfte der Arbeitsverhältnisse mit Zeitarbeitsfirmen schon nach weniger als drei Monaten. Verleiher schienen so den Personalbestand der Auftragslage anzupassen, so die BA.

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